GKG §§ 63, 68; ZPO § 3; InsO § 182
Leitsatz
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung einer vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung zur Insolvenztabelle (§ 182 InsO) ist nach der vom Prozessgericht zu schätzenden voraussichtlichen Insolvenzquote zu bestimmen; beträgt diese 0,00 %, so ist der Streitwert auf den Wert der niedrigsten Gebührenstufe nach der Tabelle in Anlage zu § 34 Abs. 1 S. 3 GKG festzusetzen.
OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.2019 – 6 W 21/19
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte mit ihrem Versicherungsnehmer über einen Anspruch auf Rückzahlung von Versicherungsleistungen aus einer Krankentagegeldversicherung wegen Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages gestritten.
Zunächst hatte die Klägerin gegen den Versicherungsnehmer Klage erhoben, der die streitgegenständlichen Leistungen bezogen hatte. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anspruchsbegründung v. 30.3.2017.
Nachdem über das Vermögen des Versicherungsnehmers mit Beschluss des AG v. 5.2.2018 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat der klagende Versicherer seine Forderung mit Schreiben v. 19.2.2018 zur Insolvenztabelle angemeldet. Mit Schriftsatz v. 16.5.2018, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat er den Klageantrag umgestellt auf Klage gegen den Insolvenzverwalter, gerichtet auf Feststellung, dass ihm die streitige Forderung als Insolvenzforderung zustehe.
Mit Schreiben v. 12.12.2018 hat der beklagte Insolvenzverwalter die streitgegenständliche Forderung anerkannt.
Das LG hat den Streitwert für den Rechtsstreit auf 207.075,20 EUR bis zum 18.8.2018 und für den Zeitraum danach auf 20.000,00 EUR (10 % der Hauptforderung) festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten. Der Beklagte ist der Ansicht, der Streitgegenstand bestimme sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten sei. Abzustellen sei auf die Quotenerwartung. Er behauptet, diese liege bei 0,00 %. Es liege eine Unterdeckung vor. Das Guthaben betrage 59,56 EUR. Die Gläubigergesamtheit habe Forderungen i.H.v. 321.333,02 EUR angemeldet. Forderungen i.H.v. 62.891,39 EUR seien festgestellt worden. Eine Steigerung der Quote sei nicht zu erwarten. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Beklagten. Der Beklagte verweist insoweit ergänzend auf seine Ausführungen in dem Parallelverfahren vor dem LG Dortmund (Az. 4 O 182/16), wobei insoweit Parteiidentität bestehe.
Der Beklagte beantragt, den Streitwert für die Zeit nach dem 18.8.2018 auf 500,00 EUR festzusetzen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Streitwertfestsetzung und meint, der Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse zu erwarten sei, bestimme sich nach dem Verhältnis der Teilungs- zur Schuldenmasse, wozu indes substantiierte Angaben des Beklagten fehlten; ihr sei insoweit nicht bekannt, was vom Beklagten in dem Rechtsstreit 4 O 182/16 vor dem LG Dortmund vorgetragen worden sei.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die statthafte und auch i.Ü. zulässige, insbesondere auch gem. §§ 68 Abs. 1 S. 3 1. HS i.V.m. 63 Abs. 3 S. 2 GKG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss war auf die Beschwerde des Beklagten dahingehend abzuändern, dass der Streitwert für den Zeitraum nach dem 18.8.2018 auf bis 500,00 EUR festgesetzt wird.
1. Im Falle der Aufnahme eines unterbrochenen Prozesses und der Fortführung im Wege der Feststellungsklage – wie vorliegend gegeben – bestimmt sich der Streitwert der Klage eines Gläubigers auf Feststellung seiner Forderung zur Tabelle ab der Aufnahme (vgl. Herget in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 3, Rn 16 Stichwort "Insolvenzverfahren") nicht nach dem Nominalbetrag der geltend gemachten Forderung. Auch ein Abschlag wegen Feststellungscharakters der Klage erfolgt nach überwiegender Auffassung (vgl. Schumacher in: MüKo zur Insolvenzordnung, Bd. 2, 3. Aufl., 2013, § 132, Rn 7 m.w.N.), der der Senat im Hinblick auf § 182 InsO folgt, entgegen der Ansicht des Ausgangsgerichts nicht.
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung einer vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung zur Insolvenztabelle bestimmt sich vielmehr nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist, § 182 InsO. Diese Vorschrift ist insoweit abschließend (vgl. Schumacher, a.a.O.). Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung; maßgeblich ist das Verhältnis der Teilungsmasse zur Schuldenmasse, wobei zur Bestimmung der Schuldenmasse neben den festgestellten Forderungen und neben den bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Zinsen sowie den bis dahin entstandenen Kosten u.a. die Klageforderung zum vollen Betrag zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 21.3.2019 – IX ZR 30/18, BeckRS 2019, 5461, Rn 3). Die voraussichtliche Insolvenzquote hängt danach u.a. davon ab, in welcher Höhe andere bestrittene Insolvenzforderungen zur Tabelle festgestellt werden, in welchem Umfang Masseschulden...