Die Entscheidung entspricht der ständigen Rspr. des BGH.
Wird ein Rechtsmittel auftragsgemäß zunächst uneingeschränkt eingelegt, dann aber nur in eingeschränktem Umfang begründet, richtet sich der Streitwert des Verfahrens gem. § 40 Abs. 1 GKG nach den gestellten Anträgen. Das gilt auch für den Anwalt des Rechtsmittelbeklagten.
Für den Anwalt des Rechtsmittelführers besteht dagegen hinsichtlich seiner Verfahrensgebühr die Besonderheit, dass diese sich nach dem Auftrag richtet. Hat er das Rechtsmittel auftragsgemäß zunächst uneingeschränkt eingelegt, kann eine spätere Reduzierung des Auftrags bei ihm für die Verfahrensgebühr keine Rolle mehr spielen, sondern lediglich für weitere Gebühren, wie etwa Terminsgebühr etc. maßgebend sein.
Allerdings ergibt sich weder aus dem Sachverhalt noch aus der Begründung der Entscheidung, welcher Auftrag dem Prozessbevollmächtigten denn tatsächlich erteilt worden ist, insbesondere ob ihm zunächst ein Auftrag zur uneingeschränkten Einlegung des Rechtsmittels erteilt und später beschränkt wurde. Der BGH unterstellt dies einerseits, spricht andererseits aber davon, dass der Prozessbevollmächtigte vorgerichtlich die Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde geprüft habe. In diesem Fall wäre aber gerade kein umfassender gerichtlicher Auftrag erteilt worden, sondern zunächst ein Auftrag, die Erfolgsaussicht zu prüfen. Dieser Auftrag wäre aber nach Nr. 2100 VV zu vergüten. Die Verfahrensgebühr für die Nichtzulassungsbeschwerde wäre dann nur aus dem reduzierten Wert angefallen, wobei die vorangegangene Prüfungsgebühr aus diesem reduzierten Wert anzurechnen gewesen wäre (Anm. zu Nr. 2100 VV).
In Fällen wie diesem, in dem das Rechtsmittel nur beschränkt durchgeführt wird, kommen vier Varianten in Betracht:
1. Variante
Dem Rechtsmittelanwalt war von Vornherein nur der Auftrag erteilt worden, die Nichtzulassungsbeschwerde in dem beschränkten Umfang einzulegen und durchzuführen.
In diesem Falle wäre wie folgt zu rechnen gewesen:
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3506 VV |
|
4.434,40 EUR |
|
(Wert: 180.785,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
4.454,40 EUR |
3. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
712,70 EUR |
|
Gesamt |
|
5.167,10 EUR |
2. Variante
Dem Anwalt war der (unbedingte) Auftrag erteilt worden, zu prüfen, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg habe und gleichzeitig der (bedingte) Auftrag, die Nichtzulassungsbeschwerde eizulegen, soweit Erfolgsaussicht gegeben sei.
In diesem Falle wären zwei Angelegenheiten gegeben, nämlich ein umfassender Prüfungsauftrag nach einem Wert i.H.v. 326.467,00 EUR und ein anschließender Auftrag aus dem beschränkten Wert i.H.v. 180.785,00 EUR. Die Prüfungsgebühr wäre dann entsprechend anzurechnen gewesen.
I. Prüfung der Erfolgsaussicht |
1. |
0,75-Prüfungsgebühr, Nr. 2100 VV |
|
1.959,75 EUR |
|
(Wert: 326.467,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.979,75 EUR |
3. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
316,76 EUR |
|
Gesamt |
|
2.296,51 EUR |
II. Nichtzulassungsbeschwerde |
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3506 VV |
|
4.434,40 EUR |
|
(Wert: 180.785,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Anm. zu Nr. 2100 VV anzurechnen, |
|
– 1.446,00 EUR |
|
0,75 aus 180.785,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.008,40 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
481,34 EUR |
|
Gesamt |
|
3.489,74 EUR |
|
Gesamt I. + II. |
|
5.786,25 EUR |
3. Variante
Möglich wäre auch, dass dem Anwalt der Auftrag zur Nichtzulassungsbeschwerde uneingeschränkt erteilt worden ist, er dann aber vor deren Einlegung davon abgeraten hat, auch die Hilfsaufrechnung anzugreifen.
In diesem Fall wäre wie folgt zu rechnen gewesen:
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3506 VV |
4.434,40 EUR |
|
(Wert: 180.785,00 EUR) |
|
|
2. |
1,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3506, 3507 VV |
3.011,40 EUR |
|
(Wert: 137.088,00 EUR) |
|
|
|
gem. § 15 Abs. 3 RVG |
|
6.009,90 EUR |
|
nicht mehr als 2,3 aus |
|
|
|
326.467,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
6.029,90 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
964,78 EUR |
|
Gesamt |
|
6.994,68 EUR |
4. Variante
War dem Anwalt dagegen von Vornherein der Auftrag für eine umfassende Nichtzulassungsbeschwerde erteilt worden und ist der Auftrag zur beschränkten Begründung erst nach deren Einlegung erteilt worden, wäre so zu rechnen, wie vom BGH angenommen.
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3506 VV |
|
6.009,90 EUR |
|
(Wert: 326.467,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
6.029,90 EUR |
3. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
964,78 EUR |
|
Gesamt |
|
6.994,68 EUR |
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 10/2020, S. 478 - 479