Bei der Bemessung der Höhe der Gebühr sind über § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Zu beachten ist, dass zur Bemessung der Grundgebühr nur die dem Abgeltungsbereich der Grundgebühr unterfallenden Tätigkeiten herangezogen werden. Alle anderen Tätigkeiten sind bei der Bemessung der daneben entstehenden Verfahrensgebühr zu berücksichtigen.
Die Höhe der Gebühr ist vor allem abhängig von den vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten, insbesondere also von der Dauer des ersten Gesprächs, das er mit dem Mandanten geführt hat. Insofern wird der Umfang der Vorwürfe, die dem Mandanten gemacht werden, ebenso von Belang sein wie die Schwierigkeit der Sache. Beides hat nämlich im Zweifel Einfluss auf die Dauer des Gesprächs. So hat z.B. das OLG Hamm einem Verteidiger, der nach 2-stündiger Vorbereitung auf das Erstgespräch, dass dann 3 1/2 Stunden gedauert hat, die Höchstgebühr gewährt. Auch die Bedeutung der Angelegenheit ist von Belang. So handelt es sich z.B. beim Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) um eine durchschnittliche Straftat, was unter Berücksichtigung eines konkreten Aktenumfangs und -inhalts von 31 Seiten bei Akteneinsicht den Ansatz der Mittelgebühr es rechtfertigt. Allein eine drohende nicht aussetzungsfähige Freiheitsstrafe rechtfertigt aber nicht das Überschreiten der Mittelgebühr um 30 %.
Erhebliche Bedeutung hat der Umfang der Akten, in die der Rechtsanwalt zur erstmaligen Einarbeitung Einsicht genommen hat. Darauf wird in der Gesetzesbegründung zum RVG ausdrücklich abgestellt. Je umfangreicher die Akten sind, desto höher wird die Grundgebühr ausfallen müssen. Das OLG Düsseldorf hat(te) die Grundgebühr auf (nach altem Recht) 250,00 EUR angehoben bei einem Aktenumfang von ca. 400–500 Seiten, zahlreichen Straftaten und mehreren Beschuldigten. Für die Pauschgebühr ist das OLG Düsseldorf davon ausgegangen, dass vom Pflichtverteidiger angesichts der nur geringen Höhe der Grundgebühr nicht mehr als das Studium von 500 Blatt Akten erwartet werden könne; diese Rspr., die man für die Bemessung der Wahlanwaltsgebühren heranziehen konnte, hat das OLG inzwischen aber bereits wieder aufgegeben. Das OLG München sieht in einem landgerichtlichen Verfahren einen Aktenumfang von 496 Blatt bis zur Hauptverhandlung als durchschnittlich an. Das LG Kiel gewährt eine leicht über die Mittelgebühr erhöhte Grundgebühr bei einem Aktenumfang von 157 Seiten bei Übernahme des Mandats durch den Verteidiger in einem späteren amtsgerichtlichen Verfahren. Das LG Meiningen geht in einem einfachen Privatklageverfahren mit einem Aktenumfang von nur 30 Blatt von einer Grundgebühr von (damals) 100,00 EUR aus.
Auch der Zeitpunkt bzw. das Verfahrensstadium, zu dem bzw. in dem der Rechtsanwalt beauftragt wird, kann auf die Höhe der konkreten Grundgebühr Auswirkungen haben. Je später im Verfahren der Rechtsanwalt mandatiert wird, desto umfangreicher ist der Verfahrensstoff, in den er sich einarbeiten muss. Je früher er beauftragt wird, um so dünner sind i.d.R. die Akten.
Die Frage der Ordnung des Gerichts hat bei der Bemessung der konkreten Gebühr keine Bedeutung. Das folgt aus der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich darauf abstellt, dass der von der Grundgebühr honorierte Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts weitgehend unabhängig von der (späteren) Gerichtszuständigkeit ist. Die Ordnung des Gerichts kann daher allenfalls mittelbar dadurch Bedeutung erlangen, dass i.d.R. z.B. Schwurgerichtsverfahren schwieriger sind als amtsgerichtliche Verfahren und damit die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als Bemessungskriterium ein anderes Gewicht erhält.