[Ohne Titel]
Zum 1.10.2021 sind aufgrund des Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt Änderungen zum Recht der Vergütungsvereinbarung in Kraft getreten. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die neuen Regelungen geben.
I. Versetzung des § 4 Abs. 3 RVG a.F.
1. Bestimmung durch Vorstand der Rechtsanwaltskammer
Nach der bisherigen Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 RVG a.F. konnte der Anwalt mit seinen Mandanten vereinbaren, dass der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die vom Mandanten zu zahlende Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen habe. Diese Vorschrift war systemwidrig angeordnet, da § 4 RVG an sich das Unterschreiten der gesetzlichen Vergütung regelt. Da es sich jedoch um eine inhaltliche Frage der Vergütungsvereinbarung handelt, ist diese Regelung nunmehr in § 3a Abs. 2 S. 1 RVG verschoben worden. Inhaltliche Änderungen sind damit allerdings nicht verbunden.
Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist in der Praxis gleich null. Eine dahingehende Vereinbarung würde auch einem "Offenbarungseid" gleichkommen. Der Anwalt würde damit ja letztlich zu erkennen geben, dass er gar nicht weiß, was seine Arbeit wert ist.
2. Verbot des einseitigen Ermessens eines Vertragsteils
Nach dem bisherigen § 4 Abs. 3 S. 2 RVG a.F. galt die gesetzliche Vergütung als vereinbart, wenn die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen wurde. Auch diese Regelung ist nunmehr aus den gleichen systematischen Gründen in § 3a Abs. 2 S. 2 RVG verschoben worden. Inhaltlich ändert sich auch hier nichts.
Sinnvoller wäre es allerdings gewesen, die Regelung dahingehend zu ändern, dass in einem solchen Fall nicht die gesetzliche Vergütung geschuldet ist, sondern dass entsprechend § 4b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung verlangt werden kann. Hier ist es nämlich denkbar, dass der Anwalt eine geringere als die gesetzliche Vergütung bestimmt. Weshalb dann die höhere gesetzliche Vergütung gelten soll, erschließt sich nicht.
Bedeutung hat auch diese Vorschrift in der Praxis nicht. Entscheidungen hierzu gibt es kaum.
3. Neue Nummerierung
Die bisherigen Abs. 2 und 3 des § 3a RVG rücken aufgrund der Versetzung des § 4 Abs. 3 RVG in § 3a Abs. 2 RVG zu Abs. 3 und 4 auf.
II. Änderungen des § 49b BRAO
1. Grundsätzliches Verbot des Erfolgshonorars
Nach § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO sind erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarungen unzulässig, es sei denn das RVG lässt dies zu. Diese Regelung bleibt erhalten, auch wenn jetzt nach dem RVG in weiterem Maße Erfolgshonorare möglich sind (s.u. IV.).
2. Verbot der Kostenübernahme
Bisher durfte ein Anwalt nach § 49b Abs. 2 S. 2 BRAO a.F. auch im Falle eines zulässigen Erfolgshonorars weder Gerichtskosten, Verwaltungskosten noch Kosten anderer Beteiligter übernehmen. Dieser S. 2 ist nunmehr geändert worden. Für die Fälle eines zulässigen Erfolgshonorars nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 RVG (s.u. IV. 3., 4., 5.) darf der Anwalt künftig auch Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter übernehmen. Im Falle des Erfolgshonorars nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG (s.u. IV. 2.) bleibt das Verbot dagegen weiterhin bestehen.
III. Änderungen in § 4 RVG
1. Unterschreiten der außergerichtlichen gesetzlichen Vergütung im Einzelfall
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 RVG darf der Anwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbaren. In diesem Fall muss nach wie vor gem. § 4 Abs. 1 S. 2 RVG die anwaltliche Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen. An dieser Regelung hat sich nichts geändert.
2. Weitergehender gänzlicher Verzicht auf Vergütung
Nur im Falle der Beratungshilfe durfte der Anwalt schon bisher auf eine Vergütung gänzlich verzichten (§ 4 Abs. 1 S. 3 RVG a.F.). Diese Möglichkeit bleibt weiterhin bestehen.
Es bleibt auch dabei, dass trotz eines teilweisen oder gänzlichen Verzichts auf die Vergütung gegenüber dem Mandanten die Möglichkeit unberührt bleibt, gem. § 9 BerHG den Gegner in Anspruch zu nehmen (§ 4 Abs. 1 S. 4 RVG).
Diese Möglichkeit des völligen Verzichts auf die außergerichtliche Vergütung ist durch den neuen § 4 Abs. 1 S. 3 RVG jetzt dahingehend erweitert worden, dass ein kompletter Verzicht auf die Vergütung neben den Fällen der bewilligten Beratungshilfe auch dann möglich ist, wenn Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eine Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 3 S. 1 RDG ist. In diesem Fall muss die Vergütung nicht im Verhältnis zur Leistung von Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen.
3. Unterschreiten der gesetzlichen Vertretung in gerichtlichen Verfahren
Nach § 4 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. durfte sich der Anwalt bislang in gerichtlichen Mahnverfahren und in Zwangsvollstreckungsverfahren nach den §§ 802a–863 und §§ 882b–882f ZPO verpflichten, einen Teil des Kostenerstattungsanspruchs an Erfüllungs statt anzunehmen, wenn der Anspruch des Mandanten auf Erstattung der gesetzlichen Vergütung beim Gegner nicht beigetrieben werden konnte. Der nicht durch Abtretung zu erfüllende Teil der gesetzlichen Vergütung musste dabei in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen (§ 4 Abs. 2 S. 2 RVG a.F.).
Diese Regelungen sind aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt worden, wonach in den Fällen eine...