Voraussetzung für die Anwendung von § 13 Abs. 2 RVG und Anm. Abs. 2 zu Nr. 2300 VV ist, dass eine Geschäftsgebühr (für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung) entsteht.
aa) Vertretungsauftrag
Das RVG unterscheidet im Bereich der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts zwischen der Beratung und der Vertretung des Mandanten. Eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV fällt an, wenn der Rechtsanwalt den Mandanten auftragsgemäß außergerichtlich vertreten soll. Es muss also ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung vorliegen. Eine Vertretung kommt begrifflich nur gegenüber Dritten in Betracht. Deshalb setzt das Betreiben eines Geschäfts, das eine Geschäftsgebühr auslöst, einen Auftrag des Mandanten voraus, der auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen gerichtet ist.
bb) Beratung
Die Beratung richtet sich allein an den Mandanten. Ihre Vergütung ist in § 34 RVG geregelt. Die Vertretung des Mandanten setzt dagegen schon begrifflich einen Dritten voraus, gegenüber dem der Mandant vertreten werden kann. Sie wird mit einer Geschäftsgebühr nach Nrn. 2300 bis 2303 VV vergütet. Die Ausrichtung der Tätigkeit nach außen ist zwingende Voraussetzung für das Entstehen einer Geschäftsgebühr. Ob der Rechtsanwalt den Mandanten nur beraten oder auch vertreten soll, richtet sich nach dem Inhalt des ihm erteilten Auftrags.
cc) Beispiele
Zur Verdeutlichung dienen die folgenden Beispiele:
Beispiel 1: Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung und anschließende Vertretung
Der Rechtsanwalt wird mit der außergerichtlichen Einziehung einer Forderung beim Schuldner beauftragt (Vertretung) und fertigt das entsprechende Aufforderungsschreiben.
Es ist eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV angefallen, deren Rahmen unter Beachtung von § 14 Abs. 1 RVG auszuschöpfen ist. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Ist Gegenstand der Tätigkeit eine Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft, kann nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2300 VV eine Gebühr von mehr als 0,9 nur gefordert werden, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig war. In einfachen Fällen kann nur eine Gebühr von 0,5 gefordert werden; ein einfacher Fall liegt in der Regel vor, wenn die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin beglichen wird. Der Gebührensatz beträgt höchstens 1,3.
Beispiel 2: Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung und anschließende Beratung
Der Rechtsanwalt wird mit der außergerichtlichen Einziehung einer Forderung beim Schuldner beauftragt (Vertretung). Er rät dem Mandanten von der Geltendmachung mangels Erfolgsaussicht ab, sodass kein Aufforderungsschreiben gefertigt wird.
Es ist wie in Beispiel 1 eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV angefallen, deren Rahmen unter Beachtung von § 14 Abs. 1 RVG auszuschöpfen ist.
Die Tatsache, dass der Rechtsanwalt kein Schreiben an den Schuldner gefertigt hat, führt nicht zum Ansatz einer Beratungsgebühr nach § 34 RVG, weil der Mandant einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung und nicht beschränkt auf eine Beratungsleistung erteilt hat.
Beispiel 3: Auftrag zur Beratung und außergerichtliche Vertretung
Der Rechtsanwalt wird mit der Beratung über die außergerichtliche Einziehung einer Forderung vom Schuldner beauftragt (Beratung). Er fertigt das entsprechende Aufforderungsschreiben.
Der Rechtsanwalt muss seine Tätigkeit jetzt als Beratungstätigkeit gem. § 34 RVG abrechnen. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV ist trotz der gegenüber einem Dritten entfalteten Tätigkeit ausgeschlossen, weil diese die Erteilung eines außergerichtlichen Vertretungsmandats voraussetzt.
Beispiel 4: Auftrag zum Entwurf eines außergerichtlichen Mahnschreibens
Der Rechtsanwalt wird beauftragt, ein außergerichtliches Aufforderungsschreiben zu entwerfen, das der Mandant dem Schuldner unter seinem eigenen Briefkopf schicken möchte.
Der Rechtsanwalt muss seine Tätigkeit als Beratungstätigkeit gem. § 34 RVG abrechnen. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV ist ausgeschlossen, weil diese die Erteilung eines außergerichtlichen Vertretungsmandats voraussetzt. Eine Vertretung kommt begrifflich nur gegenüber Dritten in Betracht. Deshalb setzt das Betreiben eines Geschäfts, das eine Geschäftsgebühr auslöst, einen Auftrag des Mandanten voraus, der auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen gerichtet ist. Hier sollte der Rechtsanwalt nur gegenüber dem Mandanten tätig werden, sodass eine Beratung beauftragt war.