[Ohne Titel]
Zum 1.10.2021 traten die vergütungs- und erstattungsrechtlichen Änderungen durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.2020 in Kraft. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich im ersten Teil mit den Konsequenzen für die Geschäftsgebühr und im zweiten Teil mit der Einigungsgebühr, der Erstattungsfähigkeit sowie dem Übergangsrecht und Hinweispflichten des Rechtsanwalts.
A. Ziele des Gesetzes
Die Bundesregierung sieht Inkassokosten im Verhältnis zum Aufwand zumeist als deutlich zu hoch an. Es gebe teilweise noch unnötige Kostendoppelungen und mangelnde Rechtskenntnisse der Schuldner würden ausgenutzt. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte einerseits sowie Inkassodienstleister andererseits würden teilweise noch unterschiedlich behandelt, ohne dass dies sachgerecht sei. Des Weiteren sei Verbraucherinnen und Verbrauchern oftmals nicht klar, dass sie, sobald sie sich im Zahlungsverzug befänden, zum Ersatz von Inkassokosten herangezogen werden könnten.
Durch das Gesetz wird die Geschäftsgebühr für außergerichtliche Inkassodienstleitungen betreffend unbestrittene Forderungen dergestalt angepasst, dass Schuldnern keine unnötigen Belastungen entstehen, wenn sie die Forderungen auf ein erstes Mahnschreiben begleichen oder Forderungen von bis zu 50,00 EUR eingezogen werden. Die Einigungsgebühr beim Abschluss von reinen Zahlungsvereinbarungen wird durch Ermäßigungen des Gebührensatzes sowie des Gegenstandswerts gesenkt. Schließlich müssen Schuldner über die beim Abschluss von Zahlungsvereinbarungen entstehenden Kosten und die Rechtsfolgen von Schuldanerkenntnissen aufgeklärt werden.
B. Geschäftsgebühr
I. Außergerichtliche Inkassodienstleitung bei unbestrittener Forderung
1. Ermäßigte Mindestgebühr bei der Geschäftsgebühr
a) Gegenstandswert bis 50,00 EUR
Seit dem 1.1.2021 (KostRÄG 2021) beträgt die in § 13 Abs. 1 S. 1 RVG geregelte 1,0-fache Mindestgebühr bei einem Gegenstandswert bis 500,00 EUR 49,00 EUR.
Der zum 1.10.2021 neu eingefügte § 13 Abs. 2 RVG ermäßigt bei der neuen Geschäftsgebühr nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2300 VV diese Mindestgebühr bei Gegenstandswerten bis 50,00 EUR wie folgt:
Zitat
§ 13 Wertgebühren
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
Die 1,0-Geschäftsgebühr nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2300 VV beläuft sich also im Falle des § 13 Abs. 2 RVG bei einem Gegenstandswert bis 50,00 EUR auf 30,00 EUR statt auf 49,00 EUR. Die Absenkung der Mindestgebühr von 49,00 EUR auf 30,00 EUR bei der außergerichtlichen Geltendmachung unbestrittener Forderungen bis zu einem Gegenstandswert i.H.v. 50,00 EUR ist vom Gesetzgeber eingeführt worden, um ein Missverhältnis zwischen Forderungsbetrag und Inkassokosten bei der Durchsetzung geringfügiger Forderungen im Inkassobereich zu vermeiden.
Die beiden folgenden Beispiele dienen zur Verdeutlichung:
Beispiel 1: Gegenstandswert 500,00 EUR
Es wird außergerichtlich eine Inkassoforderung i.H.v. 500,00 EUR (unterste Wertstufe der Tabelle zu § 13 RVG) geltend gemacht.
Eine 1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV als Regelgebühr beträgt bei einem Wert bis 500,00 EUR bis zum 31.12.2020 58,50 EUR netto, ab 1.1.2021 63,70 EUR (KostRÄG 2021).
Beispiel 2: Gegenstandswert bis 50,00 EUR
Es wird außergerichtlich eine Inkassoforderung mit einem Gegenstandswert i.H.v. 50,00 EUR (unterste Wertstufe der Tabelle zu § 13 RVG) geltend gemacht.
Eine 1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV als Regelgebühr beläuft sich auch bei einem Wert bis 50,00 EUR bis zum 31.12.2020 auf 58,50 EUR netto, ab 1.1.2021 auf 63,70 EUR (KostRÄG 2021). Die für die außergerichtliche Geltendmachung anfallende Geschäftsgebühr ist damit höher als die geltend gemachte Forderung selbst. Seit 1.10.2021 entsteht die 1,0-Geschäftsgebühr nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2300 VV für eine unbestrittene Inkassoforderung gem. § 13 Abs. 2 RVG mit 30,00 EUR. Die 0,9-Regelgebühr beträgt 27,00 EUR.
b) Ermittlung des Gegenstandswerts
Bei der Ermittlung des Gegenstandswerts für die außergerichtliche Vertretung ist § 23 Abs. 1 S. 3 RVG zu beachten.
Die für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften eines gerichtlichen Verfahrens (GKG, FamGKG, GNotKG) gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Daraus folgt insbesondere, dass Nebenforderungen bei der Ermittlung des Gegenstandswerts nicht berücksichtigt werden.
Beispiel 3
Der Rechtsanwalt wird beauftragt, eine unbestrittene Forderung i.H.v. 45,00 EUR zzgl. Zinsen (kapitalisiert 7,50 EUR) aus einem Kaufvertrag gegen den Käufer geltend zu machen. Dieser zahlt den verlangten Betrag auf die erste Zahlungsaufforderung.
Der Gegenstandswert beträgt gem. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG, § 43 GKG 45,00 EUR und nicht 52,50 EUR (45,00 EUR + 7,50 EUR). Zinsen und Kosten werden bei der Berechnung des Gegenstandswerts nicht berücksichtigt.