1. Gebührenrechtliche Konsequenzen
a) Allgemeines
Gebührenrechtlich gilt in den Fällen der §§ 2 ff. StPO: Die einzelnen Verfahren, die miteinander verbunden werden, sind bis zur Verbindung eigenständige gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten. Auf die bis dahin (jeweils) entstandenen Gebühren hat die Verbindung keinen Einfluss (§ 15 Abs. 4 RVG). Diese Gebühren bleiben dem Rechtsanwalt/Verteidiger erhalten.
Nach der Verbindung handelt es sich bei den verbundenen Verfahren nur noch um eine gebührenrechtliche Angelegenheit. In dieser entstehen die Gebühren, deren Tatbestand erst nach Verbindung ausgelöst wird, nur noch einmal und nicht mehr in jedem verbundenen Verfahren gesondert (§ 15 Abs. 2 RVG). Das gilt auch, soweit nach Teil 7 VV Auslagentatbestände in den verbundenen Verfahren verwirklicht und insoweit Vergütungsansprüche entstanden sind bzw. nach Verbindung noch entstehen.
b) Haft des Beschuldigten
Wird der Beschuldigte erst nach der Verbindung in Haft genommen, entstehen nur die nach der Verbindung noch entstehenden Gebühren und die Verfahrensgebühr für das sog. führende Verfahren mit Haftzuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV. Hinsichtlich der Verfahrensgebühren für die anderen (hinzu-)verbundenen Verfahren entsteht nicht nachträglich noch der Haftzuschlag. Diese Verfahren sind "erledigt" bzw. in der nun nur noch vorliegenden einen Angelegenheit aufgegangen.
c) § 14 RVG
Bei der Anwendung der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zur Bestimmung der Höhe der nach Verbindung entstandenen Gebühren muss immer darauf geachtet werden, ob die Gebühr innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens nicht deshalb höher zu bemessen ist, weil mehrere Strafverfahren verbunden worden sind: Das erhöht nämlich nicht nur auf jeden Fall den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, sondern auch deren Schwierigkeitsgrad. Die Sache hat i.d.R. für den Mandanten auch eine höhere Bedeutung. Entsprechendes gilt, wenn die Gebühr bereits einmal vor Verbindung entstanden ist, was z.B. bei der gerichtlichen Verfahrensgebühr der Fall sein kann. Auch diese wird dann wegen des größeren Umfangs der Tätigkeiten des Verteidigers innerhalb des gesetzlichen Rahmens mit einem höheren Betrag anzusetzen sein.
2. Beispiele
Beispiel 1
Gegen den Beschuldigten B wird in drei verschiedenen Verfahren jeweils wegen Diebstahls ermittelt. Die Staatsanwaltschaft erhebt in jedem der Verfahren Anklage beim AG. Dieses verbindet vor der Hauptverhandlung die Verfahren. Das Verfahren 3 führt. Die Hauptverhandlung findet statt. Das ergehende Urteil wird rechtskräftig. B ist von Anfang an von Rechtsanwalt R in allen drei Verfahren verteidigt worden. Alle Merkmale des § 14 Abs. 1 RVG sind durchschnittlich.
Entstanden sind folgende Gebühren:
Bis zur Verbindung sind in Verfahren 1 und Verfahren 2 jeweils entstanden: Grundgebühr Nr. 4100 VV, Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren), Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV, Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV (gerichtliches Verfahren), Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV. Im führenden Verfahren 3 sind bis zur Verbindung entstanden: Grundgebühr Nr. 4100 VV, Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren), Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV, Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV (gerichtliches Verfahren), Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV.
Nach der Verbindung ist im verbundenen Verfahren 3 (noch) entstanden: Terminsgebühr Nr. 4108 VV (gerichtliches Verfahren).
Zu beachten ist: Bei Anwendung der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG muss im vorstehenden Beispielsfall, wenn die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren i.H.d. Mittelgebühr angesetzt wird, die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren im Verfahren 3 wegen der größeren Bedeutung – das Verfahren bezieht sich jetzt auf drei Diebstahlstaten – höher angesetzt werden.
Für die Auslagen gilt: Auch die bis zur Verbindung entstandenen Auslagen kann der Rechtsanwalt abrechnen. Die Postentgeltpauschale Nr. 70...