1. Gebührenrechtliche Konsequenzen
Für die Verhandlungsverbindung nach § 237 StPO gilt: Grds. gelten die Ausführungen zur Verschmelzungsverbindung entsprechend (s. IV., 1.), allerdings mit folgender Besonderheit: Es liegen auch nach der Verbindung gebührenrechtlich eigenständige Angelegenheiten vor. Das hat zur Folge, dass in jedem der verbundenen Verfahren weiterhin eigenständige Gebühren entstehen können. Das gilt insbesondere für die Terminsgebühr.
2. Beispiele
Beispiel 1
Dem Beschuldigten B wird im Verfahren 1 Fahren ohne Fahrerlaubnis und im Verfahren 2 ein Kfz-Diebstahl zur Last gelegt. B wird in beiden Verfahren von Rechtsanwalt R verteidigt. Es kommt jeweils zur Anklage beim AG. Der Amtsrichter beschließt nun, die beiden Verfahren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung gem. § 237 StPO zu verbinden und bestimmt in beiden Verfahren für den gleichen Termin die Hauptverhandlung.
Es gelten für die Verfahren vor der Verbindung die Ausführungen zum o.a. Beispiel 1 (s. IV., 2.). Da es sich nur um eine Verbindung nach § 237 StPO zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung handelt, bleiben aber die beiden Verfahren gebührenrechtlich gesonderte Angelegenheiten. Es entsteht daher in jedem Verfahren die Terminsgebühr Nr. 4108 VV.
Beispiel 2
Rechtsanwalt R verteidigt den Angeklagten vor dem AG in der ersten Instanz vor dem Jugendschöffengericht. Das Urteil ergeht im Januar 2021. Gegen dieses Urteil wird Berufung eingelegt. Im Dezember 2021 erhält der Rechtsanwalt dann die Ladung zum Berufungshauptverhandlungsterminen vor dem LG.
Fast zeitgleich ist der Mandant mit mehreren Anklagen erneut beim Jugendschöffengericht angeklagt worden. Dieses teilt mit, dass die Verfahren nach § 40 Abs. 2 JGG der Jugendstrafkammer beim LG zur Übernahme vorgelegt werden. Das LG beschließt im Januar 2022, dass die Verfahren vom Jugendschöffengericht sowie das Berufungsverfahren zur insgesamt erstinstanzlichen gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden werden. Rechtsanwalt R fragt nach den Folgen der Verbindung für seine Gebühren.
Für die Lösung von Bedeutung ist zunächst, dass durch die Verbindung des Berufungsverfahrens mit den erstinstanzlichen Verfahren die Verfahren nicht ihre Selbstständigkeit verloren haben, das Berufungsverfahren bleibt also Berufungsverfahren.
Das bedeutet: Es liegen (weiterhin) verschiedene Angelegenheiten vor. Die entstandene Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV bleibt dem Rechtsanwalt auf jeden Fall erhalten, das folgt schon aus § 15 Abs. 4 RVG. In den übrigen Verfahren dürfte, da die ja erst vom LG verbunden worden sind, jeweils die Nr. 4112 VV entstanden sein, durch die Verbindung dann aber nicht nochmals eine Nr. 4112 VV. Für den angekündigten Hauptverhandlungstermin entsteht eine Nr. 4126 VV für das Berufungsverfahren und eine Nr. 4114 VV für die verbundenen AG-Sachen, diese aber nur einmal, da insoweit eine Angelegenheit vorliegen dürfte.
Autor: Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 10/2022, S. 433 - 437