§§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 23 Abs. 1 S. 2 RVG; § 52 Abs. 1 GKG
Leitsatz
Auch im unselbstständigen Verfahren über eine Anhörungsverfahren ist ein Gegenstandswert festzusetzen. Ob insoweit ein Kostenerstattungsanspruch des Anwalts besteht, ist dem Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten.
VGH München, Beschl. v. 2.9.2022 – 22 AS 22.1270
I. Sachverhalt
Der VGH hatte die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen einen Beschluss des Gerichts, mit dem der nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag der Antragstellerin abgelehnt worden war, zurückgewiesen. Gleichzeitig wurden der Antragstellerin die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt. Hierauf beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen "Streitwertfestsetzung".
II. Kein Streitwert im Anhörungsrügeverfahren
Der Antrag der Bevollmächtigten der Beigeladenen auf "Streitwertfestsetzung" ist als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts gem. § 33 Abs. 1 RVG auszulegen. In dem Beschluss des Senats, mit dem die Anhörungsrüge der Antragstellerin zurückgewiesen wurde, war kein Streitwert festzusetzen, weil bei Gericht eine wertunabhängige Festgebühr erhoben wird (Nr. 5400 GKG KV).
III. Einschlägig ist § 52 Abs. 1 GKG
Die Höhe des Gegenstandswerts richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
IV. Unerheblich, ob Gebühr anfällt
Die Frage, inwieweit im Hinblick auf § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 b RVG, wonach das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zum Rechtszug gehört, für das Anhörungsverfahren ein Gebührenanspruch des Bevollmächtigten der Beigeladenen besteht, ist einem Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. § 164 VwGO) vorbehalten.
V. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend ist, dass es für eine Kostenentscheidung nicht darauf ankommt, ob tatsächlich Kosten angefallen sind. Das ist vielmehr im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen.
Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes verhält es sich dagegen anders. Eine solche Wertfestsetzung ist nur zulässig, wenn "sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert" berechnen "oder … es an einem solchen Wert" fehlt. Nach dem Wortlaut ist damit Zulässigkeitsvoraussetzung, dass beim antragstellenden Anwalt eine Gebühr anfällt, die sich nicht nach dem gerichtlichen Streitwert richtet. Danach hätte das Gericht also im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags prüfen müssen, ob hier eine gesonderte Anwaltsgebühr angefallen ist, was aber wohl im Hinblick auf § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 b RVG nicht der Fall gewesen sein dürfte.
Unzutreffend war es auch, auf § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG abzustellen. Es gilt vielmehr § 23 Abs. 2 S. 3 RVG:
Zitat
"In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften."
Für Beschwerdeverfahren wiederum gilt § 23 Abs. 2 S. 1 RVG:
Zitat
"In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 S. 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt."
Der Gegenstandswert wird allerdings durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt (§ 23 Abs. 3 S. S. 2 RVG).
§ 23 Abs. 3 S. 2 RVG wiederum lautet:
Zitat
"Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 EUR anzunehmen."
Ein Rückgriff auf § 52 GKG ist danach gar nicht möglich.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 10/2022, S. 462 - 463