§ 50 FamGKG; § 51 VersAusglG
Leitsatz
- Der Wert eines Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG bemisst sich gem. § 50 Abs. 1 S. 1 1. Alt. FamGKG mit 10 % des Nettoeinkommens der Ehegatten für jedes Anrecht.
- § 50 Abs. 1 S. 1 2. Alt FamGKG, wonach 20 % des Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen sind, ist weder unmittelbar noch analog anwendbar.
- Als Anrecht i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist auch ein in der gesetzlichen Rentenversicherung begründetes Anrecht auf den Zuschlag für langjährig Versicherte (Grundrentenzuschlag) zu betrachten.
- Die wertmäßige Berücksichtigung eines Anrechts auf den Zuschlag für langjährig Versicherte (Grundrentenzuschlag) kann sich gem. § 50 Abs. 3 FamGKG als unbillig erweisen (hier bejaht).
OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.7.2022 – 4 WF 96/22
I. Sachverhalt
Die Beteiligten sind seit 1988 geschiedene Eheleute und beziehen beide eine Altersversorgung. Der Antragsteller hat mit seinem Antrag auf Abänderung des in dem Scheidungsurteil geregelten Versorgungsausgleichs gem. § 51 VersAusglG geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin infolge des Bezugs der sogenannten "Mütterrente" im Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses des Scheidungsverbundurteils eine deutlich höhere eheanteilige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erziele. Das FamG hat daraufhin den in dem Scheidungsverbundurteil geregelten Versorgungsausgleich gem. § 51 VersAusglG dahingehend abgeändert, dass es sowohl das beamtenrechtliche Versorgungsanrecht des Antragstellers als auch das in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anrecht der Antragsgegnerin auf Altersversorgung intern geteilt hat. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit zudem ein weiteres Anrecht in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung in Gestalt eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte, des sogenannten Grundrentenzuschlags erworben, der sich auf 0,3864 Entgeltpunkte entsprechend einer Monatsrente von 6,89 EUR beläuft. Das FamG hat auch dieses Anrecht zugunsten des Antragstellers intern geteilt und den Wert des Verfahrens mit dem angegriffenen Beschluss unter Ansatz von 60 % des gemeinsamen Nettoeinkommens der Ehegatten auf 6.237,00 EUR festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das FamG den Wert gem. § 50 Abs. 3 FamGKG auf bis zu 6.000,00 EUR abgesenkt, der weitergehenden Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt, der den Verfahrenswert auf bis zu 3.000,00 EUR herabgesetzt hat.
II. Ausgangspunkt ist § 50 FamGKG
Der Wert des Verfahrens bestimmt sich gem. § 50 Abs. 1 FamGKG im Ausgangspunkt nach dem dreifachen gemeinsamen Nettoeinkommen der beteiligten geschiedenen Eheleute. Dieses beläuft sich gemäß dem nicht zu beanstandenden Ansatz des FamG auf einen Betrag von gerundet 10.384,00 EUR.
III. Anzusetzen sind 10 % des dreifachen Nettoeinkommens
Entgegen der Berechnung des AG – FamG – beträgt der Wert des Ausgangsverfahrens indes nicht 60 %, sondern gem. § 50 Abs. 1 S. 1 1. Alt. FamGKG i.V.m. § 50 Abs. 3 FamGKG lediglich 20 % dieses Einkommens. Der Wert des Ausgangsverfahrens beläuft sich deshalb nicht auf den vom FamG zuletzt festgesetzten Betrag von 6.000,00 EUR, sondern lediglich auf bis zu 3.000,00 EUR.
Gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen für jedes Anrecht 10 %, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Anwendbar ist in dem vorliegenden Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG die erste, nicht aber die zweite Alternative des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG, welche das FamG indes offenkundig bei der Festsetzung des Verfahrenswerts auf zunächst 60 % des Nettoeinkommens der Eheleute, mithin 6.237,00 EUR und dann im Wege der Reduzierung nach § 50 Abs. 3 FamGKG auf 6.000,00 EUR zugrunde gelegt hat.
Wie der Senat bereits entschieden hat, findet § 50 Abs. 1 S. 1 2. Alt. FamGKG, wonach sich der für jedes Anrecht anzusetzende Prozentsatz nicht auf 10 %, sondern auf 20 % des Nettoeinkommens der Eheleute beläuft, in Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG keine Anwendung. § 50 Abs. 1 S. 1 2. Alt. FamGKG bezieht sich vielmehr sowohl nach der Gesetzesbegründung als auch bei systematischer Betrachtung auf Verfahren betreffend den Wertausgleich nach der Scheidung i.S.d. §§ 20–26 VersAusglG (ebenso KG FamRZ 2020, 708 = AGS 2019, 232 mit ausführlicher Begründung und zahlreichen Nachw. zu der insoweit h.A. in Rspr. und Lit.; zur Anwendung der 2. Alternative des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG nur auf diese Verfahren s. auch BGH FamRZ 2020, 833 = AGS 2020, 394 für Aussetzungsverfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG).
IV. Keine analoge Anwendung des § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG
Entgegen anderer teilweise vertretener Ansicht ist § 50 Abs. 1 S. 1 2. Alt. FamGKG auch nicht analog auf Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG anzuwenden (so aber etwa OLG Schleswig FamRZ 2014, 237 = AGS 2013, 343 und OLG Hamm NJW-RR 2017, 1415 = FamRZ 2018, 257). Vielmehr fehlt es schon an einer Regelungslücke. Auch weist der Gegenstand eines Verfahrens nach § 51 VersAusglG nicht solche Gemeinsamkeiten mit Verfahren nach den §§ 20 ff. VersAusglG auf, da...