Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Beratungshilfe: Was muss das muss? – ein Leitfaden für die Praxis, AnwBl 2021, 406
Grds. darf der Rechtsanwalt frei entscheiden, welche Mandate er von welchen Mandanten annimmt. Eine Ausnahme hiervon regelt § 49a Abs. 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt zur Übernahme der im Beratungshilfegesetz vorgesehenen Beratungshilfe verpflichtet ist. Nur wenn im Einzelfall ein wichtiger Grund vorliegt, kann er die Übernahme der Beratungshilfe ablehnen. Ferner bestimmt § 49a Abs. 2 BRAO, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, bei Einrichtungen der Rechtsanwaltschaft für die Beratung von Rechtsuchenden mit geringem Einkommen mitzuwirken.
Zunächst erörtert Offermann-Burckart in ihrem Beitrag die rechtlichen Grundlagen für die Anwaltstätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe. Kurz streift die Autorin die Voraussetzungen der Beratungshilfe und deren Gewährung und geht sodann auf das anwaltliche Berufsrecht ein. Nach Darstellung der Autorin normiert der eingangs erwähnte § 49a Abs. 1 BRAO nicht lediglich eine Berufspflicht des Rechtsanwalts zur Übernahme von Beratungshilfe-Mandaten, sondern begründet einen echten Kontrahierungszwang. Ferner verweist die Autorin auf die Regelungen der §§ 16, 16a BORA, wonach der Rechtsanwalt verpflichtet ist, den (potentiellen) Mandanten bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.
In einem weiteren Abschnitt ihres Beitrages gibt Offermann-Burckart eine kurze Übersicht über die Vergütung, die der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe aus der Landeskasse erhält. Diese Gebühren stellen nach Auffassung der Autorin ein Sonderopfer dar, das vom BVerfG als nicht unzumutbar angesehen worden sei.
Im zweiten Teil ihrer Abhandlung erörtert Offermann-Burckart die Folgen von Verstößen des Rechtsanwalts gegen die in § 49a BRAO und/oder § 16 BORA niedergelegten anwaltlichen Verpflichtungen. Bei einem Verstoß gegen den in § 49a Abs. 1 BRAO geregelten Kontrahierungszwang kann der Rechtsuchende nach Auffassung der Autorin nicht nur auf den Abschluss des gewünschten Anwaltsvertrages, sondern gleichzeitig unmittelbar auf die Leistung klagen. Ggfs. stehe dem Rechtsuchenden gegen den Anwalt, der die Übernahme eines Beratungshilfe-Mandats abgelehnt habe, ein Schadensersatzanspruch zu, der in dem Beitrag im Einzelnen erörtert wird. Ferner drohen dem Rechtsanwalt nach den weiteren Ausführungen von Offermann-Burckart bei ungerechtfertigter Ablehnung eines Beratungshilfemandats auch berufsrechtliche Konsequenzen.
Ein Kontrahierungszwang zur Übernahme des dem Rechtsanwalt angetragenen Beratungshilfemandats besteht gem. § 49a Abs. 1 S. 2 BRAO nur dann nicht, wenn im Einzelfall ein wichtiger Grund vorliegt. Offermann-Burckart weist in ihrem Beitrag darauf hin, dass die Satzungsversammlung eine spezielle Regelung in § 16a BORA beschlossen habe, der die Fälle der Ablehnung der Beratungshilfe regele. Dabei berichtet die Autorin auch, dass in der Satzungsversammlung weitergehende Regelungen diskutiert worden seien, die den Rechtsanwalt zur Ablehnung der Beratungshilfe berechtigten. Viele dieser Überlegungen hätten sich jedoch letztlich nicht durchgesetzt.
Sodann erörtert Offermann-Burckart einige Kategorien des "wichtigen Grundes" i.S.v. § 49a Abs. 1 S. 2 BRAO. Ein solcher wichtiger Grund sei zunächst die Ablehnung wegen fehlender Rechtskenntnisse und/oder Erfahrungen, was die Autorin im Einzelnen erläutert. Weitere zur Ablehnung der Beratungshilfe führende Gründe seien die berufliche Überlastung des Rechtsanwalts, die Verweigerung der für die Mandatsbearbeitung erforderlichen Mitarbeit durch den Rechtsuchenden, schwerwiegende vom Rechtsuchenden zu vertretende Störung des Vertrauensverhältnisses zu dem Anwalt sowie sonstige Ablehnungsgründe. Dies wird von der Autorin in ihrem Beitrag im Einzelnen erörtert.
Im Anschluss hieran geht Offermann-Burckart kurz auf das Sonderproblem bei der nachträglichen Antragstellung ein. Am Ende ihres Beitrages stellt sie einige statistische und berufspolitische Betrachtungen an. So berichtet Offermann-Burckart, dass im Jahr 2018 rund 620.000 Anträge auf Gewährung von Beratungshilfe gestellt worden seien, von denen rund 550.000 Anträge für die Gewährung von Beratungshilfe durch Rechtsanwälte bewilligt worden seien. Umgerechnet auf die rund 163.000 im Jahr 2018 zugelassenen Rechtsanwälte hat nach den Berechnungen der Autorin statistisch gesehen jeder Anwalt im Jahr 2018 3,37 Beratungshilfemandate bearbeitet, wobei sich die tatsächliche Zahl geringfügig erhöht, weil die Zahlen zweier Bundesländer nicht vorgelegen hätten.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Gebührenstreitwerte in Mietsachen – unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung, ZAP 2022, 521 (Fach 24 S. 1911)
Nach den Erfahrungen des häufig in Mietrechtsverfahren tätigen Autors sind Streitwertfestsetzungen in Mietsachen nicht selten unrichtig, was durch die hohe Anzahl der korrigierenden obergerichtlichen Entscheidungen belegt werde. ...