Nach Auffassung des LG waren der Betroffenen die Auslagen für das durch ihren Verteidiger in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten zu erstatten. Es handele sich dabei hier um notwendige Auslagen i.S.d. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 467 Abs. 1, 464a Abs. 2 StPO.
Notwendige Auslagen seien die einem Beteiligten erwachsenen, in Geld messbaren Aufwendungen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder zur Geltendmachung prozessualer Rechte erforderlich waren (LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 4.5.2023 – 6 Js 394 Js 26340/21 (56/23), AGS 2023, 398 m.w.N.). Aufwendungen für private Ermittlungen oder Beweiserhebungen seien in der Regel nicht notwendig, weil Ermittlungsbehörden und das Gericht von Amts wegen zur Sachaufklärung und zur Beachtung des Zweifelssatzes verpflichtet seien und die Betroffenen daneben regelmäßig durch Initiativanträge, insbesondere Beweisanträge das Gericht zu der begehrten Beweisaufnahme bestimmen können und werden (LG Dessau-Roßlau, a.a.O.). Hiervon seien jedoch Ausnahmen anerkannt. Abgesehen von der Konstellation, in der das Privatgutachten tatsächlich ursächlich für den Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens geworden sei, werde es ausnahmsweise zum Beispiel dann als erstattungsfähig angesehen, wenn es ein abgelegenes und technisch schwieriges Sachgebiet betreffe (LG Wuppertal, Beschl. v. 8.2.2018 – 26 Qs 214/17, DAR 2018, 236 = RVGreport 2018, 223; LG Aachen, Beschl. v. 12.7.2018 – 66 Qs 31/18, RVGreport 2019, 71; LG Dessau-Roßlau, a.a.O.). Hinzu komme, dass die Gründe, auf denen die Beschränkung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für private Sachverständigengutachten beruhen, nämlich, dass der Betroffene darauf vertrauen könne, dass von Amts wegen alle erforderlichen Ermittlungen erfolgen und er i.Ü. das Recht und die Pflicht hat, Beweisanträge zu stellen, in Fällen wie dem vorliegenden nur eingeschränkt zur Geltung kommen (LG Bielefeld, Beschl. v. 19.12.2019 – 10 Qs 425/19, RVGreport 2020, 182 m.w.N.). Im Bußgeldverfahren seien nämlich dann, wenn ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen sei, die Anforderungen an die Darlegung einer Fehlermessung, die eine weitere Beweiserhebung durch das Gericht nach sich ziehen würde, erhöht. Hier müssen von Seiten der Verteidigung konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler vorgebracht werden, um eine weitergehende Aufklärung des Gerichts zu begründen. Insofern ist die Amtsermittlungspflicht eingeschränkt (LG Bielefeld, a.a.O., m.w.N.). Bei dem hier zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzten Lasermesssystem Vitronic PoliScan FM1 handele es sich um ein solches standardisiertes Messverfahren. Somit habe die Betroffene davon ausgehen müssen, dass keine Beweiserhebung zur Ordnungsgemäßheit der Messung erfolgen würde, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für einen Messfehler vorbringt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass solche Anhaltspunkte vor der Beauftragung des Gutachtens vorgelegen hätten. Aus den auf dem Sachverständigengutachten beruhenden Einwendungen der Betroffenen zur Geschwindigkeitsmessung und der zeitlichen Abfolge mit der dann folgenden Einstellung des Verfahrens ergebe sich zudem, dass die privaten Ermittlungen tatsächlich auch zur Entscheidungsfindung beigetragen haben.