§ 162 Abs. 2 S. 3 VwGO
Leitsatz
Die obsiegende Behörde kann die Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO für das Vorverfahren und das gerichtliche Verfahren insgesamt nur einmal erstattet verlangen.
VG Leipzig, Beschl. v. 9.7.2024 – 3 K 4/23
I. Sachverhalt
Nach Abweisung der Klage vor dem VG hatte die beklagte Behörde unter Berufung auf § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO die Festsetzung ihrer Kosten für Post- und Telekommunikationsentgelte beantragt. Dabei hat sie sowohl für das Vorverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren jeweils den Höchstbetrag der Pauschale von 20,00 EUR, insgesamt somit 40,00 EUR angemeldet. Die Urkundsbeamtin hat lediglich einmal 20,00 EUR festgesetzt. I.Ü. hat sie den Antrag zurückgewiesen, da die Pauschale nur einmal verlangt werden könne. Dagegen hat die Beklagte Erinnerung erhoben, der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat. Der Richter hat die Erinnerung zurückgewiesen.
II. Pauschale kann für den gesamten Rechtsstreit nur einmal verlangt werden
Nach § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO können "Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nr. 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern." Dieser Höchstsatz der Pauschale beträgt derzeit 20,00 EUR.
Durch § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO wird die Behörde im Ergebnis bessergestellt als ein Rechtsanwalt. Während der Rechtsanwalt weiterhin berechnen muss, ob der 20-prozentige Anteil seiner Gebühren den Höchstbetrag von 20,00 EUR unterschreitet, kann die Behörde, wenn überhaupt Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen angefallen sind, stets den Höchstsatz verlangen, unabhängig vom Gegenstandswert und der sich daraus ergebenden Höhe einer Anwaltsgebühr.
§ 162 Abs. 2 S. 3 VwGO ist daher im Normgefüge dahingehend zu verstehen, dass die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, die der Behörde im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren entstanden sind, mit dem Ansatz einer einmaligen Höchstpauschale abgegolten werden.
Wenn von der Pauschalierungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, sind damit alle im Gerichtsverfahren und im Vorverfahren angefallenen Aufwendungen abgedeckt. Eine doppelte Pauschale für das Vorverfahren und das gerichtliche Verfahren kann nicht beansprucht werden. Dies ergibt sich aus Wortlaut und Systematik der – aus Vereinfachungsgründen eingeführten – Vorschrift.
Schon der Wortlaut der Vorschrift behandelt "den … Höchstsatz" und spricht nicht von mehreren, in unterschiedlichen Verfahrensabschnitten anfallenden Höchstsätzen.
Systematisch ist die Vorschrift im Zusammenhang mit § 162 Abs. 1 VwGO zu lesen. Danach sind Kosten die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Der Pauschalsatz des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO deckt somit alle Aufwendungen der Behörde für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im Gerichtsverfahren einschließlich des Vorverfahrens ab.
Ein doppelter Ansatz der Pauschale ist auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung von Behörden mit Rechtsanwälten geboten, weil hinsichtlich dieser Frage keine Vergleichbarkeit vorliegt. Zwar können Rechtsanwälte – von ihren Mandanten – sowohl für das Vorverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren jeweils eine Pauschale nach Nr. 7002 VV verlangen, weil § 19 Abs. 1 RVG ein behördliches Vorverfahren als gesondertes Verfahren ansieht. Eine solche Trennung kann ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung indes nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden übertragen werden. Zudem sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren nicht ohne Weiteres von der beklagten Behörde zu erstatten; dies hängt davon ab, ob das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt, § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des VG Leipzig entspricht der überwiegenden Rspr. (ebenso VG Berlin, Beschl. v. 4.1.2012 – 35 KE 41.11; VG Sigmaringen, Beschl. v. 8.10.2004 – 2 K 1923/03; VG Gelsenkirchen [2. Kammer] NVwZ-RR 2009, 624). A.A ist das VG Gelsenkirchen ([11. Kammer] NVwZ-RR 2008, 359), das gesonderte Pauschalen gewährt.
Zu beachten ist, dass die Behörde nicht gezwungen ist, von der Pauschalierungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Sofern tatsächlich höhere Aufwendungen entstehen, können diese an Stelle der Pauschale geltend gemacht werden.
Die einmalige Pauschale für Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen kann auch dann geltend gemacht werden, wenn gar keine solche Aufwendungen angefallen sind. Auf die Höhe der tatsächlichen Kosten kommt es bei der Pauschale nämlich nicht an (VG München, Beschl. v. 12.3.2018 – M 6 M 17.4367). Daher kann die unterlegene Partei nicht mit dem Einwand gehört werden, es seien bei der Behörde keine Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen angefallen.
Rechtsanwalt Norber...