Das LG erachtet die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verletztenbeistand als zutreffend.
1. Verdachtsdichte
Zur Frage, wann die Bestellung zu erfolgen habe, verweist das LG auf die insoweit bestehenden unterschiedlichen Auffassungen in Rspr. und Lit. Eine Auffassung lasse die auch nur geringe Möglichkeit bzw. einen einfachen Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte ein Delikt i.S.d. § 397a Abs. 1 StPO begangen habe und seine Verurteilung deswegen in Betracht komme bzw. die Verurteilung wegen einer Nebenklagestraftat rechtlich möglich erscheine, genügen (OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2021 – III-4 Ws 35/21; OLG Celle, Beschl. v. 14.12.2016 – 2 Ws 267/16; KK-StPO/Zabeck, 9. Aufl., 2023, § 406h Rn 2; BeckOK StPO/Weiner, 52. Ed., Stand: 1.7.2024, § 406h Rn 1). Eine striktere Auffassung verlange demgegenüber einen qualifizierten Anfangsverdacht hinsichtlich einer Katalogtat aus § 397a Abs. 1 StPO, der jedenfalls eine Weiterführung der Ermittlungen gestatte und aufgrund dessen jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass der für eine spätere Anklageerhebung notwendige hinreichende Tatverdacht noch begründet werden könne (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2005 – 2 Ws 28/05; OLG Oldenburg, Beschl. 25.2.2009 – 1 Ws 120/09; LR-StPO/Wenske, 27. Aufl., 2023, § 406h Rn 29). Die Frage, welcher Verdachtsgrad nun gegen die Beschuldigten anzulegen gewesen sei, hat das LG dann aber offen gelassen. Vorrangig sei nämlich zu beachten, dass die Nebenklagebefugnis wegen des Fehlens des Tatverdachts – wie immer man ihn näher festlege – grds. nicht durch das Gericht verneint werden könne, wenn die Staatsanwaltschaft zur selben Zeit das Verfahren gerade wegen des Verdachts eines Nebenklagedelikts zum Nachteil des Verletzten betreibe (LR-StPO/Wenske, 27. Aufl., 2023, § 406h Rn 11; vgl. auch OLG Köln, Beschl. v. 8.6.2009 – 2 Ws 245/09 unter II. 2. der Gründe), wie hier geschehen.
2. Maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Voraussetzungen der Beiordnung
Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Voraussetzungen der Beiordnung werde einerseits auf den Zeitpunkt der Antragstellung (KG, Beschl. v. 7.3.2005 – 1 AR 217/05 – 3 Ws 97/05; LR-StPO/Wenske, a.a.O., § 406h Rn 29), andererseits auf den Zeitpunkt der Beiordnungsentscheidung abgestellt, sodass die dynamische Entwicklung des Ermittlungsstandes berücksichtigt werden könne (OLG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2005 – 2 Ws 28/05; Nachw. zum Streitstand bei OLG Köln, Beschl. v. 8.6.2009 – 2 Ws 245/09 unter II. 2. der Gründe).
Die Besonderheit hier liegt nach Auffassung des LG darin, dass der Beiordnungsantrag bereits am 8.1.2024 zur Akte bei der Staatsanwaltschaft, aber – entgegen Nr. 174b S. 1 RiStBV – erst am 7.8.2024 zur Ermittlungsrichterin (vgl. § 406h Abs. 3 S. 2, § 162 StPO) gelangt sei. Für diese Konstellation entspreche es allgemeiner Auffassung, dass die Beiordnung ausnahmsweise dann rückwirkend bewilligt werden könne, wenn der Antrag während des Verfahrens gestellt, aber nicht beschieden worden sei und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Beiordnung Erforderliche getan habe (BGH, Beschl. v. 29.7.2022 – 5 StR 141/22; KG, Beschl. v. 7.3.2005 – 1 AR 217/05 – 3 Ws 97/05; OLG Köln, Beschl. v. 1.10.1999 – 2 Ws 528/99; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 379a Rn 15 m.w.N.). Dies bedinge, dass es für die Beurteilung der Beiordnung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Beiordnungsantrag ankommen muss. Andernfalls würde sich die Verzögerung der gerichtlichen Entscheidung wegen zwischenzeitlich eingetretener tatsächlicher Änderungen ggf. zum Nachteil des Antragstellers auswirken können.
Die mittlerweile erfolgte Einstellung des Ermittlungserfahrens gegen die Beschuldigten hindere die rückwirkende Beiordnung nicht (vgl. KG, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 8.6.2009 – 2 Ws 245/09). Fiskalische Erwägungen (in diese Richtung deutlich OLG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2005 – 2 Ws 28/05) rechtfertigen nach Ansicht des LG kein anderes Ergebnis, allein schon, weil mit § 469 StPO, Nr. 92 RiStBV ein hinreichendes Korrektiv an anderer Stelle bereitstehe (vgl. auch BT-Drucks 10/5305, 20). I.Ü. hat der Gesetzgeber gesehen, dass die Stärkung der Verletztenrechte eine Kostenmehrbelastung zeitigen werde. Diese muss nach seiner Wertung aber "wegen der dringenden rechtspolitischen Notwendigkeit, die Stellung des Opfers im Strafverfahren zu verbessern, in Kauf genommen werden" (BT-Drucks 10/5305, 9). Ebenso wenig trage das Argument der Beschwerde, die Zeugin habe bereits bei Antragstellung ein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO gehabt und es könne nicht darauf ankommen, wann sie es ausübe, weil sie es ansonsten in der Hand hätte, die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verletztenbeistands zu schaffen. Letzteres jedenfalls treffe zu, allerdings folge daraus nichts, insbesondere begründet die Verletzteneigenschaft keinen Aussagezwang. Die Berufung auf den § 55 StPO sei hier lediglich als Reaktion darauf erfolgt, dass Polizeibeamte den Verteidiger auf Widersprüche in der bisherigen Aussage der Zeugin hingewiesen ha...