RVG § 14; RVG VV Nr. 2300
Leitsatz
Bei einer unterdurchschnittlichen Verkehrsunfallregulierung ist nur eine 1,0-Geschäftsgebühr angemessen.
AG Düsseldorf, Urt. v. 14.8.2009–20 C 1990/09
1 Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von der abgetretenen Rechtsanwaltsgebührenforderung der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG in Höhe von weiteren 61,21 EUR“ da das Klagevorbringen insoweit unschlüssig ist, als die Gebührenrechnung zu Unrecht eine Geschäftsgebühr von 1,5 in Ansatz bringt und die gerechtfertigten Gebührenansprüche nach einer angemessenen Geschäftsgebühr von höchstens 1,0 (= 182,07 EUR) durch die unstreitige Abschlagszahlung der Beklagten in Höhe von 200,00 EUR vollumfänglich erfüllt wurden.
Der ursprüngliche Anwalt des Klägers durfte seiner Abrechnung keine 1,5-fache Geschäftsgebühr zugrunde legen. Vielmehr ist höchstens eine einfache Geschäftsgebühr angemessen und ausreichend.
Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr nach billigem Ermessen, § 14 Abs. 1 RVG. Diese Festsetzung ist für Dritte zwar bindend, wenn sie nicht unbillig ist. Dies gilt aber nicht im Verhältnis des Mandanten zu seiner Rechtschutzversicherung; hier ist die Angemessenheit der Gebühr durch das Gericht in vollem Umfange zu überprüfen (LG Köln JurBüro 2007, 487 mit Hinweis auf Hartmann, KostG, 35. Aufl., § 14 RVG Rn 25). Nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr i.S.d. Nr. 2400 VV (ab 1.7.2006 wortgleich Nr. 2300 VV) der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des RVG ein Spielraum (sog. Toleranzgrenze) von 20 % zusteht (vgl. Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl. 2006, § 14 Rn 12 m.w.N.). Nach tatrichterlicher Würdigung ist dieser Spielraum im Streitfall überschritten worden.
Nach den einschlägigen Bestimmungen des RVG ist die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts als Rahmengebühr mit einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebühr über 1,3 kann allerdings wegen des Nachsatzes in Nr. 2400 VV (ab 1.7.2006 wortgleich Nr. 2300) nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, d.h. überdurchschnittlich gewesen ist (vgl. Gerold/Schmidt//Madert, RVG, 17. Aufl., Nrn. 2300, 2301 VV, Rn 28; Podlech-Trappmann, in: Kompaktkommentar zum RVG, Nr. 2400 VV, Anm. 4.2.2.2.2; Madert, DAR 2004, 417. 419: Otto, NJW 2004, 1420, 1421; Riedmeyer, DAR 2004, 262; Sonderkamp, NJW 2006, 1477, 1479). Trotz ausdrücklichem gegnerischem Hinweis hat der Kläger keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die eine Bewertung der Angelegenheit als umfangreich oder schwierig rechtfertigten. Es liegt vielmehr eine einfach gelagerte Sache vor.
Sind nur die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers überdurchschnittlich, kommt eine höhere Gebühr als 1,3 nicht in Betracht. Diese Kriterien können nur erhöhend berücksichtigt werden, wenn auch der Umfang oder die Schwierigkeit der Angelegenheit über dem Durchschnitt liegen. Bei unterdurchschnittlichen oder einfach gelagerten Sachen entsteht eine geringere Gebühr als die Schwellengebühr von 1,3. Überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit ferner feststeht, dass sich die Haftpflichtsache zwischenzeitlich erledigt hat, da der Kläger an der weiteren Forderungsdurchsetzung kein Interesse mehr hatte, liegt ersichtlich auch keine besondere Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber vor.
Für den Umfang der Tätigkeit ist vor allem der zeitliche Aufwand maßgebend, der für die Besprechung mit dem Auftraggeber. das Aktenstudium und Sichtung von Rspr. und Lit. anfällt (Gerold/Schmidt/Madert, 16. Aufl., § 14 RVG, Rn 41 ff.). Erhöhte Schwierigkeit liegt vor, wenn über den Normalfall hinausgehende Probleme auftreten (Gerold/Schmidt/Madert, 16 Aufl., § 14 RVG, Rn 50 ff.).
Für die außergerichtliche Regulierung z.B. von Verkehrsunfallschäden bedeutet dies etwa, dass für die einfache Schadensregulierung eine Rahmengebühr in Höhe von 1,0 angemessen ist (Gerold/Schmidt/Madert, 16. Aufl., § 14 RVG, Rn 101), eine geringere Gebühr (z.B. 0,8) jedoch nur bei weit unterdurchschnittlichen und sehr einfachen unstreitigen Sachverhalten, etwa wenn die Gegenseite die volle Haftung sofort anerkennt und vollständig Zahlung leistet sowie lediglich ein Schreiben des Rechtsanwaltes zur Geltendmachung der Ansprüche mit bis zu drei einfach gelagerten Schadenspositionen notwendig ist. Eine Gebühr von 1,0 fällt regelmäßig an, wenn zusätzlich ein bis zwei Schreiben notwendig und weitere Schadenspositionen zu berücksichtigen sind. So liegt der Fall auch in der vorliegenden Haftpflichtsache, da zwar eine Einstandspflicht ...