Anders verhält es sich dagegen in Verbundverfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, wenn hier die Folgesache Versorgungsausgleich bereits vor dem 1.9.2009 abgetrennt wurde oder danach abgetrennt worden ist oder noch abgetrennt wird. Es gilt dann Art. 11 Abs. 4 FGG-ReformG:
Art. 111 FGG-ReformG
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(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1.9.2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
Dies hat dann zur Folge, dass die bisherige Folgesache Versorgungsausgleich selbständig wird (Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG) und gem. Art. 111 Abs. 4 S. 1 FamFG zwingend nach neuem Verfahrensrecht zu behandeln ist. Es gilt dann für das abgetrennte Verfahren auch nicht mehr der Streitwert nach dem GKG, sondern der Verfahrenswert nach dem FamGKG (§ 50 FamGKG).
Von Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG erfasst werden alle am 1.9.2009 noch anhängigen Folgesachen über den Versorgungsausgleich,
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in denen der Scheidungsantrag vor dem 1.9.2009 eingereicht worden war |
und
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das Verfahren über den Versorgungsausgleich
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am 1.9.2009 vom Verbundverfahren abgetrennt war, oder |
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nach dem 31.8.2009 vom Verbund abgetrennt worden ist bzw. noch abgetrennt wird. |
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Vereinfacht ausgedrückt: Die Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich in Verbundverfahren, die vor dem 1.9.2009 bei Gericht anhängig geworden sind, führt zur Herauslösung der Folgesache Versorgungsausgleich aus dem Verbund und damit zu einem selbständigen Verfahren über den Versorgungsausgleich, das folglich auch selbständig abzurechnen ist.
Beispiel 2
Das Scheidungsverfahren war in 2008 eingeleitet worden. Über die Scheidung ist im Mai 2009 nach § 628 Abs. 2 Nr. 4, 5 ZPO a.F. vorab entschieden worden; gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich "abgetrennt" worden.
Am 1.9.2009 ist das Versorgungsausgleichsverfahren nach Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG zur selbständigen Familiensache geworden und ist folglich gesondert abzurechnen.
Der Verfahrenswert für das abgetrennte Verfahren berechnet sich jetzt nach § 50 FamGKG. Hinsichtlich des Nettoeinkommens ist nach § 34 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens abzustellen. Einleitung ist nicht die Abtrennung, sondern die Einleitung durch den seinerzeitigen Scheidungsantrag. Es ist also nicht auf die aktuellen Einkommensverhältnisse abzustellen, sondern auf die Einkommensverhältnisse bei Einreichung des Scheidungsantrags. Diese müssen gegebenenfalls ermittelt werden. Dies dürfte allerdings keine großen Schwierigkeiten bereiten, da hinsichtlich der Ehesache das Einkommen für die Streitwertfestsetzung bereits ermittelt worden sein muss.
Jetzt muss aber noch berücksichtigt werden, dass der Anwalt im Scheidungsverfahren bereits Gebühren aus dem Wert des Versorgungsausgleichs verdient und abgerechnet hat. Sofern diese Gebühren bereits gezahlt worden sind, muss sich der Anwalt die Vergütung, soweit sie aus dem Versorgungsausgleich angefallen ist, anrechnen lassen. Dabei handelt es sich nicht um eine Gebührenanrechnung i.S.d. RVG, sondern um eine Teilzahlung des Auftraggebers bzw. der Staatskasse, vergleichbar einem Vorschuss.
Soweit der Anwalt im vorangegangenen Scheidungsverfahren aus dem Mehrwert der Folgesache Versorgungsausgleich noch keine Gebühren abgerechnet hat, unterbleibt eine Anrechnung. Gleiches gilt, wenn – etwa mangels Gebührensprung – im vorangegangenen Scheidungsverfahren gar keine Mehrkosten angefallen sind.
Um den Mehrbetrag aus dem Scheidungsverfahren zu bestimmen, muss der Anwalt ermitteln, welchen Gebühren(mehr)betrag einer vergleichbaren Gebühr er im Verbundverfahren bereits erhalten hat. Er muss zum einen die tatsächlich abgerechnete Gebühr aus dem gesamten Verbundverfahren ermitteln und dem gegenüberstellen, welche Gebühr er erhalten hätte, wenn er das Scheidungsverbundverfahren ohne die Folgesache Versorgungsausgleich abgerechnet hätte.
Diese Berechnung wiederum hängt davon ab, wann das Scheidungsverfahren eingeleitet worden ist.