RVG § 34; ZPO § 286

Leitsatz

Zur Beweiswürdigung bei Streit über einen angeblich telefonisch erteilten Beratungsauftrag.

AG Detmold, Urt. v. 15.5.2009–8 C 878/08

1 Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann dem Beklagten gegenüber keinen Anspruch auf Zahlung aus abgetretenem Recht geltend machen. Sie konnte nicht beweisen, dass zwischen dem Beklagten und dem Zeugen K. ein Anwaltsvertrag in dem Telefongespräch am 18.7.2005 zustande gekommen ist.

Nach der Darstellung des Beklagten in seiner persönlichen Anhörung wurde noch kein Anwaltsvertrag geschlossen. Der Beklagte hat dargelegt, dass er lediglich nachfragen wollte, ob eine künftige Vertretung durch den Zeugen K. für den Fall weiteren Streites mit seinem Mitgesellschafter möglich sei. Ein rechtlicher Rat sei ihm nicht erteilt worden. Durch eine solche Voranfrage wird selbstverständlich noch kein Anwaltsvertrag geschlossen, auch wenn der potentielle Mandant schon einmal den Fall schildert.

Der Beweis ist ihr auch nicht durch die Aussage des Zeugen K. gelungen. Der Zeuge hat die Beweisfrage zwar bestätigt. Dem steht aber das nicht minder glaubhafte Bekunden des Beklagten, der gem. § 141 ZPO als Partei angehört wurde, gegenüber. Das Gericht hat zu berücksichtigen, dass der Zeuge als ursprünglicher Forderungsinhaber ein offenkundiges Eigeninteresse an dem Ausgang des Rechtsstreits hat. Durch die Abtretung ist er erst in die formale Position eines Zeugen geraten. Demgegenüber kann der Beklagte den Beweis seiner Behauptungen über den Inhalt des Gesprächs nur durch seine eigene Anhörung führen. Das Gericht hat dem Rechnung getragen, indem es den Beklagten persönlich angehört hat. Diese Möglichkeit ist für die Fallgestaltung, dass in einem Zivilprozess eine Seite auf einen ihr nahestehenden Zeugen zurückgreifen kann, während die andere Seite an einem Vieraugengespräch lediglich allein beteiligt war, in der Rspr. anerkannt (vgl. nur BVerfG NJW 2001, 2531). So liegt es hier. Der Zeuge hat mit dem Beklagten ein Gespräch geführt, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Daher waren der Zeuge und der Beklagte zu hören. Die Aussage des Zeugen wiegt dabei wegen seines eigenen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits nicht automatisch schwerer als die Bekundungen des Beklagten in seiner persönlichen Anhörung. Der Aussage des Zeugen steht das Bekunden des Beklagten entgegen, ohne dass nach Maßgabe der Aussagestruktur sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Eigeninteresses am Ausgang des Rechtsstreits erkennbar wird, welcher der beiden Aussagen mehr Glauben zu schenken ist. Das Gericht kann daher nicht mit der für eine Verurteilung nötigen Sicherheit feststellen, dass der Zeuge den Beklagten anwaltlich beraten hat, mit der Folge, dass ein Gebührenanspruch entstanden ist.

Mitgeteilt von RA. Dr. Olaf Kamper, Dortmund

2 Anmerkung

Es ist sicherlich ungewöhnlich, dass Mandanten nur anrufen, um sich zu vergewissern, ob der Anwalt bereit ist, zu einem späteren Zeitpunkt eine Beratung durchzuführen. Andererseits ist die Beweiswürdigung des Gerichts nicht zu beanstanden. Es ist ein häufig anzutreffender Irrtum der Anwälte zu meinen, die Abtretung einer Honorarforderung an einen anderen Anwalt würde die Beweissituation entscheidend verbessern.

Wie dieser Fall zeigt, ist es stets gefährlich, fernmündliche Beratungen durchzuführen. Bestreitet der Mandant im Nachhinein, dass es bereits zu einem Auftrag gekommen ist, hat der Anwalt die Beweislast für den Abschluss und den Inhalt eines Anwaltsvertrags.

Wie leidvolle Erfahrungen der Anwaltschaft zeigen, sollten solche telefonischen Beratungen grundsätzlich abgelehnt werden. Wenn der Mandant sich wirklich vom Anwalt beraten lassen und die Beratung auch bezahlen will, dann ist er auch bereit, einen Besprechungstermin in der Kanzlei des Anwalts wahrzunehmen. Dann hat es der Anwalt in der Hand, die Auftragserteilung zu dokumentieren und insbesondere eine schriftliche Vereinbarung über das Beratungshonorar zu treffen, wie es § 34 Abs. 1 RVG vorsieht.

Norbert Schneider

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