StPO § 68b; RVG VV Nr. 4302 Nr. 1
Leitsatz
- Die Beiordnung eines Zeugenbeistands für die Dauer der Vernehmung des Zeugen (§ 68b StPO) erstreckt sich nicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels für den Zeugen (hier Beschwerde gegen Anordnung der Beugehaft).
- Eine Vergütung dieser von besonderen Gebührentatbeständen – wie hier von Nr. 4302 Nr. 1 VV – erfassten Tätigkeiten kann der Rechtsanwalt infolge dessen nur verlangen, wenn ihm die entsprechenden Aufgaben mit der Beiordnung übertragen worden sind.
KG, Beschl. v. 7.5.2009–1 Ws 47/09
1 Sachverhalt
Rechtsanwalt R. wurde gem. § 68b StPO als Beistand des Zeugen B. für dessen Vernehmung vor dem LG in der Hauptverhandlung am 30.9.2008 beigeordnet. Die Gebühren des Rechtsanwalts für diese Tätigkeit sind antragsgemäß festgesetzt worden. Seinen Antrag auf Festsetzung weiterer Gebühren nach Nr. 4302 Nr. 1 und 2 VV nebst Postpauschale und Umsatzsteuer, die der Rechtsanwalt für die Einlegung und Begründung einer (erfolgreichen) Beschwerde des Zeugen gegen die in der Hauptverhandlung nach § 70 StPO angeordneten Zwangsmittel beansprucht hatte, hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle abgelehnt. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Zeugenbeistands hat das LG (Einzelrichter) verworfen. Die Beschwerde des Rechtsanwalts hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Dem Beschwerdeführer stehen die nach Nr. 4302 Nr. 1 und 2 VV geltend gemachten Gebühren nicht zu. Ein Zeugenbeistand ist zwar befugt, den Zeugen auch bei der Verteidigung gegen Zwangsmittel zu unterstützen (vgl. Senat, Beschl. v. 21.10.2008 – (1) 2 StE 2/08–2 (21/08)). Das bedeutet aber noch nicht, dass dem Rechtsanwalt diese Tätigkeit auch aufgrund seiner Beiordnung zu vergüten ist. Welche Gebühren nach § 55 RVG aus der Staatskasse zu zahlen sind, richtet sich vielmehr danach, für welche Tätigkeit der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist (§ 48 Abs. 1 RVG). Im Falle des § 68b StPO umfasst die Beiordnung nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift und der hier getroffenen Anordnung des Strafkammervorsitzenden nur die Beistandsleistung für "die Dauer der Vernehmung" des Zeugen, die nach der ständigen Rspr. des Senats als Einzeltätigkeit gem. Nr. 4301 Nr. 4 VV vergütet wird (vgl. Beschl. v. 18.1.2007–1 Ws 2/07 [= AGS 2008, 124]), was hier auch geschehen ist. Auf darüber hinausgehende Unterstützungshandlungen erstreckt sich die Beiordnung nicht (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2008, 96; Ignor/Bertheau in LR, StPO 26. Aufl., Rn 19 zu § 68b). Eine Vergütung dieser von besonderen Gebührentatbeständen, wie hier von Nr. 4302 VV, erfassten Tätigkeiten, kann der Rechtsanwalt infolge dessen nur verlangen, wenn ihm die entsprechenden Aufgaben mit der Beiordnung übertragen worden sind (vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, 3. Aufl., Rn 16 zu Nr. 4301 VV). Das war hier nicht der Fall.
Davon unberührt bleibt der Anspruch des Zeugen, nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, 15 Abs. 6 RVG, Vorbem. 4.3 Abs. 3 S. 2 VV die Gebühren eines gewählten Zeugenbeistands gem. § 464b StPO geltend zu machen, da seine notwendigen Auslagen im Verfahren über die Beschwerde gegen die angeordneten Zwangsmittel durch Beschluss des KG der Landeskasse auferlegt worden sind.
Mitgeteilt von Ass. jur. Udo Henke, Elmshorn