Das AG Hainichen hatte sich mit der gesamten Palette der Rechtsfragen zu befassen, die anlässlich der Abtrennung von Verfahren über den Versorgungsausgleich auftreten.
I. Neue Angelegenheit
Das AG Hainichen kommt zu Recht zu dem Ergebnis, dass das abgetrennte Verfahren für den Anwalt eine neue Angelegenheit ist.
Insoweit lehnt es das Gericht zunächst zutreffend ab, § 15 Abs. 2 RVG/§ 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO anzuwenden, was zum Teil allerdings in der Praxis vertreten wird. Dabei wird häufig übersehen – wie das AG Hainichen zu Recht ausführt –, dass weder der alte Auftrag beendet war, noch dass ein neuer Auftrag erteilt worden ist.
Wird der Versorgungsausgleich abgetrennt, dann enden die anwaltliche Tätigkeit und die Verantwortung gerade nicht. Es liegt eine gewöhnliche Verfahrenstrennung vor. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich bleibt ungeachtet der Abtrennung weiter anhängig. Es wird lediglich ausgesetzt. Während einer Aussetzung des Verfahrens muss der Anwalt allerdings weiterhin das Mandat betreiben, nämlich insbesondere regelmäßig prüfen, ob der Grund für die Aussetzung entfallen ist und daher die Wiederaufnahme beantragt werden muss.
Abgesehen davon kann es im Rahmen eines ausgesetzten Verfahrens durchaus sinnvoll sein, einen Vergleich zu schließen und das Verfahren zu beenden, auch wenn es noch nicht entscheidungsreif ist.
Anders würde es sich nur in dem seltenen Fall verhalten, dass mit Aussetzung des Versorgungsausgleichs gleichzeitig auch das Mandat beendet wird und der Anwalt dann später den Auftrag erhält, in dieser Sache erneut tätig zu werden. In der Praxis kommen solche Fälle allerdings in der Regel nicht vor.
II. Anzuwendendes Gebührenrecht
Das abgetrennte Verfahren wird zwar zu einer neuen selbstständigen Angelegenheit. Allerdings liegt hier ein gewöhnlicher Fall der Verfahrenstrennung vor. Das bedeutet – wie der BGH klargestellt hat –, dass das ursprüngliche Verfahren (hier die Folgesache Versorgungsausgleich) und das abgetrennte Verfahren (hier die selbstständige Familiensache Versorgungsausgleich) ein und dieselbe Angelegenheit sind, so dass die Gebühren hier nur einmal entstehen.
Nach den §§ 60, 61 RVG, § 134 BRAGO wäre das Datum der Auftragserteilung zur jeweiligen Angelegenheit maßgebend. Das wiederum ist auch für die Folgesache Versorgungsausgleich der Auftrag zur Einreichung des Scheidungsantrags, da dann der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchgeführt wird. Verhält es sich so, dass der Auftrag für das Scheidungsverfahren noch zu BRAGO-Zeiten erteilt worden ist, dann bliebe auch – wie das AG Hainichen festgestellt hat – die BRAGO für das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren maßgebend.
Das AG Hainichen übersieht jedoch, dass die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG eine spezielle Übergangsregelung ist, die alle anderen "Dauer-Übergangsregelungen" verdrängt. Es wäre zudem seltsam, dass neues materielles Recht gelten würde (VersAusglG) und neues Verfahrensrecht (FamFG) und neues Verfahrenswertrecht (FamGKG), aber ausgerechnet beim Anwalt noch alles beim Alten bliebe.
III. Gegenstandswert
Da das abgetrennte Verfahren nach Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG nach neuem Recht behandelt wird, gilt folglich auch neues Recht, also folgt die Bewertung nach § 50 FamGKG.
Maßgebender Zeitpunkt für die Bemessung des dreifachen Nettoeinkommens, auf das § 15 FamGKG abstellt, bleibt der Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags.
IV. Anrechnung
Aus der Tatsache, dass es sich bei dem Verfahren vor und nach Abtrennung um ein und dieselbe Angelegenheit handelt, folgt, dass der Anwalt seine Vergütung insgesamt auch nur einmal erhält (§ 15 Abs. 1 RVG). Das wiederum hat zur Folge, dass der Anwalt sich eine bereits erhaltene Vergütung im Scheidungsverbundverfahren anrechnen lassen muss, soweit sie aus dem Versorgungsausgleich angefallen ist. Dabei handelt es sich nicht um eine Gebührenanrechnung i.S.d. § 15a RVG, sondern um die Anrechnung einer Zahlung auf bereits verdiente und fällige Gebühren. Der Anwalt muss also seine Gebühren im abgetrennten Verfahren insgesamt abrechnen und auf den Rechnungsbetrag dann gutschreiben, was der Mandant bereits gezahlt hat.
Abzurechnen ist dabei auf Nettobasis. Bereits erbrachte Zahlungen sind nämlich keine Vorschüsse, die nachzuversteuern wären. Bereits erbrachte Zahlungen sind Zahlungen auf Teilleistungen, so dass sich hier unterschiedliche Umsatzsteuersätze ergeben können.
V. Prozess-/Verfahrenskostenhilfe
Die letzte Frage, die sich hier dann noch stellte, war die Frage, ob sich die im Scheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf das isolierte selbstständige Verfahren über den Versorgungsausgleich erstreckt hatte.
Die Frage ist umstritten. Ausgehend davon, dass es sich beim Versorgungsausgleich im Verbund und bei dem selbstständigen abgetrennten Verfahren um dieselbe Angelegenheit handelt, könnte man die Auffassung vertreten, dass die bewilligte Prozesskostenhilfe und die Beiordnung weiter gelten, so dass ein neuer Antrag und eine neue...