FGG-ReformG Art. 111 Abs. 4; RVG § 61; BRAGO § 134

Leitsatz

  1. Bei wiederaufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahren, die zuvor abgetrennt und ausgesetzt worden waren, handelt es sich gebührenrechtlich um eine neue Angelegenheit.
  2. Die Gebühren des Anwalts berechnen sich in dem wiederaufgenommenen Verfahren immer nach den Vorschriften des RVG i.d.F. des FGG-ReformG unabhängig davon, nach welchen Vorschriften sich die Vergütung im Verbund richtete.
  3. Die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG verdrängt sämtliche in den Kostengesetzen enthaltenen Dauerübergangsvorschriften.
  4. Die im früheren Scheidungsverbundverfahren angefallenen Gebühren aus der Folgesache Versorgungsausgleich sind auf die im wieder aufgenommenen Verfahren entstandenen Gebühren anzurechnen.
  5. Die anzurechnenden Beträge berechnen sich dergestalt, dass von den Gebühren aus dem Gesamtwert des Verbundverfahrens diejenigen fiktiven Gebühren abzuziehen sind, die im Verbundverfahren ohne Berücksichtigung des Wertes des Versorgungsausgleichs angefallen wären.

OLG Celle, Beschl. v. 16.9.2010–12 WF 102/10

Sachverhalt

Durch Urteil v. 8.2.2005 hatte das FamG auf den am 7.11.2003 zugestellten Antrag die Ehe der Parteien geschieden, die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt und das Verfahren über den Versorgungsausgleich gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Mit Beschl. v. 4.11.2003 war der Antragstellerin zuvor für das Ehescheidungsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden.

Dem Beschwerdeführer waren am 18.3.2005 gem. §§ 121 ff. BRAGO Gebühren i.H.v. 842,16 EUR aus der Landeskasse erstattet worden.

Mit Verfügung vom 4.2.2010 hat das FamG das ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufgenommen. Auf den Antrag der Antragstellerin, ihr für dieses Verfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, ist durch Beschluss festgestellt worden, dass die ursprünglich bewilligte Prozesskostenhilfe für das Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahren auch für das vorliegend abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren gelte. Ratenzahlungen wurden nach wie vor nicht festgesetzt.

Das FamG hat mit Beschl. v. 16.4.2010 aufgrund mündlicher Verhandlung den Versorgungsausgleich nach neuem Recht geregelt, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und den Wert auf 2.552,00 EUR festgesetzt.

Der Beschwerdeführer hat sodann beantragt, ihm aus der Landeskasse eine Vergütung i.H.v. insgesamt 586,08 EUR zu erstatten. Der Rechnung liegen eine 1,3-Verfahrens- und 1,2-Terminsgebühr nach einem Wert von 2.552,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zugrunde.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat den Vergütungsantrag zurückgewiesen. Es seien keine – über die bereits in dem Verbundverfahren abgerechneten Gebühren hinaus – neue Gebühren in dem abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren entstanden. Das Scheidungsverfahren und die Folgesache Versorgungsausgleich blieben trotz der Abtrennung und Aussetzung des Versorgungsausgleichs gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 16 Nr. 4 RVG bzw. § 7 Abs. 3 BRAGO.

Die Erinnerung des beigeordneten Rechtsanwalts ist durch das FamG mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der weiterhin die Erstattung der Gebühren aus der Landeskasse erstrebt wird. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass der ursprüngliche Auftrag mit Abschluss des Ehescheidungsverfahrens beendet gewesen sei. Daher sei das aufgenommene Verfahren als neue Angelegenheit anzusehen.

Die Beschwerde hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen

Dem beigeordneten Rechtsanwalt ist aus der Landeskasse eine weitere Vergütung i.H.v. 567,52 EUR zu zahlen.

Zutreffend ist das FamG zunächst davon ausgegangen, dass die ursprünglich in dem Ehescheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe sich auch auf das jetzt wieder aufgenommene Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erstreckt. Gem. § 624 Abs. 2 i.V.m. § 621 Nr. 6 ZPO umfasst die für das Ehescheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe auch die Folgesache. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG (aufgehoben durch Art. 23 S. 2 Nr. 4 VAStrRefG) wurde das Verfahren über den Versorgungsausgleich entsprechend § 628 Abs. 1 ZPO (in der bis 31.8.2009 geltenden Fassung) ausgesetzt und abgetrennt. Bei einer Abtrennung nach § 628 ZPO blieb das Verfahren über den Versorgungsausgleich Folgesache (BGH FamRZ 1981, 23; OLG Dresden FamRZ 2002, 1415; Zöller/Phillippi, ZPO, 27. Aufl. § 628 Rn 10). War einem Ehegatten für das Ehescheidungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden, erstreckt sich diese auf die Versorgungsausgleichsfolgesache (§ 624 Abs. 2 ZPO a.F.) und wirkt über deren Abtrennung hinaus fort (OLG Dresden a.a.O.; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. § 628 Rn 18).

Durch die Neuregelung des Versorgungsausgleichs zum 1.9.2009 hat sich hieran nichts geändert. Nach § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG bleiben Versorgungsausgleichssachen Folgesachen. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG. Zwar...

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