RVG VV Nr. 1000; BGB § 1587
Leitsatz
Der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach altem Recht führt jedenfalls dann zu einer Einigung, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte nur deshalb auf den Versorgungsausgleich verzichtet, weil der andere Ehegatte gleichzeitig auf Unterhalt verzichtet.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.8.2010–5 WF 187/10
Sachverhalt
Die Parteien sind durch Urteil des FamG geschiedene Eheleute. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem FamG haben die Parteien eine Vereinbarung dahingehend geschlossen, dass ein Versorgungsausgleich zwischen ihnen nicht stattfindet (§ 1 der Vereinbarung). Ferner wurde ein wechselseitiger Verzicht auf nachehelichen Unterhalt vereinbart (§ 2). Der Verzicht auf den Versorgungsausgleich wurde durch das FamG genehmigt. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs hätten zugunsten des Ehemanns monatliche Anwartschaften von 37,61 EUR zulasten des Versicherungskontos der Ehefrau übertragen werden müssen.
Später beantragte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin die Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung, wobei er unter Anderem die Festsetzung einer Einigungsgebühr aus dem Streitwert für die Folgesache Versorgungsausgleich von 1.000,00 EUR beanspruchte. Nachdem die zuständige Rechtspflegerin zunächst unter Absetzung der beantragten Einigungsgebühr für den Versorgungsausgleich die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt hatte, hatte das FamG (durch den Richter am AG) mit dem angefochtenen Beschluss auf die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin den Kostenfestsetzungsbeschluss abgeändert und zusätzlich zur festgesetzten Vergütung die Einigungsgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich mit 85,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt. Das FamG hatte seine Entscheidung damit begründet, dass sich die Vereinbarung der Parteien nicht auf einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich beschränkt hatte. Bestandteil der Scheidungsfolgenvereinbarung sei vielmehr auch der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt gewesen. Insoweit bestehe ein Zusammenhang entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 BGB, sodass auch eine Sonderbehandlung der Folgesache Versorgungsausgleich bezüglich der Einigungsgebühr nicht in Betracht komme. Das FamG Emmendingen hatte zugleich die Beschwerde der Staatskasse zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatskasse, mit der weiterhin eine Absetzung der Einigungsgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich beantragt wird. Vorliegend seien die Folgesache Versorgungsausgleich und der Verzicht auf den nicht anhängig gewesenen nachehelichen Unterhalt unterschiedliche Gegenstände, sodass nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 RVG auch hinsichtlich der Einigungsgebühr eine getrennte Betrachtungsweise anzusetzen sei. Nicht maßgeblich sei, welche wirtschaftliche Bedeutung der Verzicht auf den Versorgungsausgleich hatte. Zudem komme die Festsetzung einer Einigungsgebühr für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich im Hinblick auf einen Beschluss des Senats v. 3.7.2009 (5 WF 177/08) nicht in Betracht.
Das FamG hat der Beschwerde der Staatskasse nicht abgeholfen und das Verfahren dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Anmerkung
Die Beschwerde der Staatskasse ist jedoch nicht begründet. Das FamG hat mit der ausführlich begründeten Entscheidung zu Recht die Einigungsgebühr für das Verfahren unter Einbeziehung der Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt und damit die Vergütung des Rechtsanwalts um 85,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer erhöht.
Gem. Nr. 1000 VV entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Senat hatte die Auffassung vertreten, dass eine Einigungsgebühr dann nicht geltend gemacht werden kann, wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung die Ausgleichsrichtung beim Versorgungsausgleich noch nicht feststeht und die Parteien gleichwohl schon auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten wollen. Denn in diesem Falle erschöpfe sich die Vereinbarung in jedem Fall darin, dass nur eine Partei vollständig auf den ihr allein zustehenden Anspruch verzichtet (Beschl. v. 3.7.2009–5 WF 177/08 – unter Bezugnahme auf OLG Stuttgart FamRZ 2007, 232; OLG Karlsruhe – 16. Zivilsenat –, FamRZ 2007, 843 [= AGS 2007, 135], mittlerweile aufgegeben in FamRZ 2009, 2111 [= AGS 2010, 15]). Bereits in dieser Entscheidung hatte der Senat jedoch deutlich gemacht, dass die Frage einer Einigungsgebühr womöglich dann anders zu beurteilen wäre, wenn die Einigung der Parteien weitere streitige, rechtlich relevante Gesichtspunkte einbezieht (etwa die streitige Rechtsfrage eines Versorgungsausgleichsausschlusses nach § 1587c BGB). Dabei lag dem Senat die Erwägung nahe, dass sich für diese Fälle die Einigung nicht ausschließlich auf einen Versorgungsausgleichsve...