ZPO § 91 Abs. 1; JVEG § 5 Abs. 1 u. 3; RVG VV Nr. 7004
Leitsatz
- Flugreisekosten des Anwalts sind erstattungsfähig, soweit sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise in der 1. Klasse stehen.
- Nimmt der Anwalt anlässlich seiner Reise mehrere Termine wahr und wird die Festsetzung der Reisekosten deshalb nur quotal beantragt, kann der Kostenschuldner hiervon nicht dadurch profitieren, dass sich der Kostengläubiger einen Abzug gefallen lassen müsste, falls die Kosten für die Flugreise nicht in voller Höhe erstattungsfähig gewesen wären, wenn der Anwalt nur einen Termin wahrgenommen hätte.
- Einer Partei kann es kostenrechtlich nicht zum Nachteil gereichen, dass sie zulässigerweise von ihrem Wahlrecht nach § 35 ZPO Gebrauch macht und vor einem auswärtigen Gericht Klage erhebt.
OLG Köln, Beschl. v. 28.4.2010–17 W 60/10
Sachverhalt
Die in C. ansässige Antragstellerin beantragte, vertreten durch C. Rechtsanwälte, beim LG Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit gegen die in X. ansässige Antragsgegnerin, die ihrerseits ebenfalls C. Rechtsanwälte einschaltete. Die Antragstellerin war in zwei Instanzen erfolgreich. Zu den beiden Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem LG und OLG Köln reiste der Prozessbevollmächtigte jeweils mit dem Flugzeug an. Die entsprechenden Kosten hat sie jeweils auf der Basis des Tarifs für die Business-Class zur Festsetzung angemeldet. Da der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vor der Rückreise nach Berlin jeweils weitere Termine wahrgenommen hat, hat die Antragstellerin die jeweiligen Kosten nur quotal im vorliegenden Rechtsstreit zur Festsetzung angemeldet.
Der Rechtspfleger hat die Kostenfestsetzung antragsgemäß vorgenommen.
Hiergegen richtet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsmittel.
Sie ist der Ansicht, die Kosten für einen Flug in der Business-Class seien nicht erstattungsfähig. Zugrunde zu legen sei der Tarif der Economy-Class. Die Anreise mit der Bahn sei möglich und billiger gewesen. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin die einstweilige Verfügung nicht beim LG C. oder dem LG X. beantragt habe.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, sie habe die freie Wahl des Gerichtsstandes gehabt, §§ 32, 35 ZPO. Deshalb könne sie wegen der Anrufung des LG Köln keine kostenrechtlichen Nachteile haben. Die Kosten für die Business-Class seien auch deshalb erstattungsfähig, weil ein Ticket der flexiblen Economy-Class, mit dem eine Umbuchung infolge Terminsverlegung leichter und ohne Mehrkosten möglich sei, nur 86,00 EUR weniger gekostet hätte. Dies sei bei Buchung eines "Billigfluges" nicht oder nur verbunden mit erheblichen Mehrkosten möglich. Deshalb sei ein "flexibles" Ticket zwingend notwendig. Da die Kosten dafür im Vergleich zum Business-Class-Ticket nicht auffällig höher seien, könne sie die Erstattung dieser Kosten verlangen.
Die Antragsgegnerin erwidert, die Buchung auf der Grundlage des flexiblen Economy-Class-Tarifs wegen der Möglichkeit der Umbuchung sei nicht zwingend erforderlich, da die dafür anfallenden Kosten innerhalb der gleichen Tarifklasse in der Regel 50,00 EUR betrügen. Nur bei voraussichtlich deutlich mehr als einer einmaligen Umbuchung sei das flexible Economy-Class-Ticket sinnvoll.
Die sofortige Beschwerde, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat, blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen
Zu Recht hat der Rechtspfleger die Reisekosten in der beantragten Höhe festgesetzt.
1. Nach der Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO sind nur die Kosten vom Gegner zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Das sind solche Kosten, die eine verständige Prozesspartei als sachdienlich ansehen durfte. Dabei hat sie die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, solange sich dies mit der vollen Wahrung ihrer Rechte vereinbaren lässt. Dieses Gebot ergibt sich aus § 242 BGB (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn 12 m. w. Nachw.). Unter mehreren gleichartigen Maßnahmen ist die kostengünstigste auszuwählen (BGH BGHR 2008, 410, 411; OLG Düsseldorf OLGR 2009, 305 = JurBüro 2009, 199 [= AGS 2009, 141]; OLG Frankfurt MDR 2008, 1005 = AGS 2008, 409).
Geht es um die Erstattung von Flugreisekosten, so rechtfertigt die Zeitersparnis die Mehrkosten für eine Flugreise nicht schlechthin, wie sich aus der Verweisung in § 91 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. ZPO auf § 5 Abs. 1 und 3 JVEG ergibt. Ausgehend von der letztgenannten Vorschrift sind Fahrtkosten, die über den Betrag der Bahnkosten hinausgehen, nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Im Falle von Flugkosten hat die Rspr. Erstattungsfähigkeit nur bei Auslandsreisen sowie nur dann bejaht, wenn die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnfahrt erster Klasse stehen (BGH, a.a.O., m. w. Nachw.; Madert/Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nrn. 7003, 7004 VV Rn 30). Auch wenn das JVEG nur die Reisekosten der Partei betrifft, ist der Rechtsanwalt nicht schlechter zu stellen als die Partei selbst (Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Rn 29), aber au...