ZPO §§ 103 ff.
Leitsatz
Hat die erstattungspflichtige Partei ihre Kosten festsetzen lassen, so kommt eine Nachfestsetzung weiterer Gebührenbeträge aufgrund eines höheren Streitwerts nicht mehr in Betracht.
BGH, Beschl. v. 10.3.2011 – IX ZB 104/09
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin beantragte am 28.2.2008 aufgrund einer titulierten Forderung in Höhe von 11.079,69 EUR nebst Zinsen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Diese trat durch ihren Verfahrensbevollmächtigten dem Antrag entgegen. Nach einem Hinweis des Insolvenzgerichts auf die fehlende Darlegung eines Insolvenzgrundes nahm die Gläubigerin ihren Antrag zurück. Das Insolvenzgericht erlegte ihr die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Gegenstandswert für die Gerichtskosten auf 11.079,69 EUR fest. Die Schuldnerin beantragte am 9.5.2008 die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV nach einem Wert von 11.079,69 EUR, insgesamt 649,74 EUR, gegen die Gläubigerin. Das AG setzte diese Kosten am 26.6.2008 antragsgemäß fest. Der Beschluss wurde rechtskräftig. Mit weiterem Antrag v. 12.8.2008 beantragte die Schuldnerin die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV nach einem Wert von 27.232.274,80 EUR, insgesamt 99.086,54 EUR abzüglich der bereits festgesetzten 649,74 EUR. Den Gegenstandswert begründete sie mit den in ihrer Bilanz für das Jahr 2006 ausgewiesenen Aktiva.
Das AG hat dem neuen Kostenfestsetzungsantrag stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das LG den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren, das sie im Beschwerdeverfahren unter Vorlage der Bilanz für das Jahr 2007 auf 92.303,54 EUR abzüglich des rechtskräftig festgesetzten Betrags ermäßigt hat, weiter.
Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der angefallenen Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV sei nur ein Gegenstandswert von 11.079,69 EUR zugrunde zu legen. Die Bemessung des Gegenstandswerts richte sich nach § 28 Abs. 1 RVG. Danach berechne sich die Verfahrensgebühr des vom Schuldner beauftragten Rechtsanwalts im Eröffnungsverfahren zwar grundsätzlich nach dem Wert der Insolvenzmasse. Eine solche gebe es aber im Eröffnungsverfahren noch nicht, und der Wert einer fiktiven Masse sei schwer zu ermitteln. Eine Anknüpfung an die fiktive Insolvenzmasse berge auch ein hohes Kostenrisiko für Schuldner und Gläubiger. Die Verweisung auf § 58 GKG in § 28 Abs. 1 S. 1 RVG erfasse auch die Regelung in § 58 Abs. 2 GKG, wonach der Wert der Gläubigerforderung maßgeblich sei, wenn dieser den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt habe. Auf die Frage, ob eine Nachfestsetzung bereits im Hinblick auf die Rechtskraft der ursprünglichen Kostenfestsetzung ausgeschlossen sei, komme es danach nicht an.
2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben im Ergebnis keinen Erfolg.
a) Der von der Schuldnerin begehrten Nachfestsetzung steht bereits die Rechtskraft der Kostenfestsetzung v. 26.6.2008 entgegen.
aa) Kostenfestsetzungsbeschlüsse erwachsen formell und materiell in Rechtskraft (BGH, Beschl. v. 16.1.2003 – V ZB 51/02, NJW 2003, 1462). Die materielle Rechtskraft der früheren Entscheidung steht einer erneuten Kostenfestsetzung entgegen, soweit derselbe Streitgegenstand betroffen ist. Streitgegenstand des ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrags war die von den Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin im Verfahren über den Eröffnungsantrag der Gläubigerin verdiente Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV. Zwar beschränkt sich die Rechtskraft einer Entscheidung bei teilbaren Ansprüchen regelmäßig auf den geltend gemachten Betrag, auch wenn der Anspruchsteller nicht erkennbar gemacht hat, dass er nur einen Teilbetrag seines gesamten Anspruchs verlange und sich eine Nachforderung nicht vorbehalten hat. Voraussetzung einer beschränkten Rechtskraft bei der verdeckten Teilklage ist aber, dass Gegenstand des Begehrens verschiedene Teile eines Anspruchs sind und nicht ein einheitlicher, immer gleicher Anspruch, der lediglich in unterschiedlicher Weise berechnet wird (BGH, Urt. v. 9.4.1997 – IV ZR 113/96, BGHZ 135, 178, 181; v. 2.5.2002 – III ZR 135/01, BGHZ 151, 1, 3; v. 25.9. 2007 – X ZR 60/06, BGHZ 173, 374 Rn 15 f; vgl. auch Beschl. v. 20.5.2010 – IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353).
bb) Die Schuldnerin hat mit ihrem ersten Kostenfestsetzungsantrag erkennbar ihren gesamten Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr geltend gemacht. Indem sie die volle Verfahrensgebühr auf der Grundlage des von ihr für richtig gehaltenen Gegenstandswerts zur Festsetzung beantragt hat, gab sie zu erkennen, dass sie ihren ganzen Anspruch und nicht nur einen Teil davon festgesetzt haben wollte. Es sollte kein Rest zurückgestellt werden, der einer Nachforderung zugänglich wäre. Über diesen Anspruch hat das Amtsgericht rechtskräftig entschieden. In einem solchen Fall erstreckt sich die Rechtskraft der Entscheidung auf den ganzen geltend gemachten Gebü...