GKG § 68 RVG §§ 32, 33
Leitsatz
Die Festsetzung des Mehrwerts eines gerichtlich geschlossenen Vergleich richtet sich nach § 33 RVG, sodass die Beschwerdefrist nach § 33 Abs. 3 RVG zwei Wochen beträgt.
LG Karlsruhe, Beschl. v. 9.10.2013 – 9 T 281/12
1 Sachverhalt
Die Parteien des zugrundeliegenden Rechtsstreits haben in mündlicher Verhandlung einen Vergleich geschlossen. Das AG hat im Termin den Streitwert auf 19.427,69 EUR, den Vergleichsmehrwert auf 23.007,72 EUR festgesetzt. Der Mehrwert sollte sich aus der Abgeltung der Betriebskostenrückforderung und der Einigung über eine Räumung ergeben.
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger, die hiesigen Beschwerdeführer haben hiernach mit Schriftsatz v. 6.11.2012 beantragt, den Vergleichsmehrwert auf 25.786,62 EUR festzusetzen. Denn zusätzlich sei die Miete für sechs Monate, die Kautionsrückzahlung und die Umzugskostenbeihilfe einzubeziehen.
Auf Hinweis des AG haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger die Auffassung vertreten, die Beschwerdefrist betrage nach § 68 GKG sechs Monate. Es liege auch keine Festsetzung nach § 33 RVG vor, da kein entsprechender Antrag gestellt worden sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, weil es sich nur um eine Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG handeln könne, die indessen verfristet sei. Im Übrigen bemesse sich der Streitwert nicht danach, worauf, sondern worüber sich die Parteien geeinigt hätten.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer gegenüber dem Beschwerdegericht weiter vorgebracht, der Streitwert des Antrags auf Feststellung der Minderungsberechtigung sei mit dem 42-fachen Minderungsbetrag zu bemessen, mithin in Höhe von 25.221,42 EUR. Daraus ergebe sich ein Streitwert von 38.884,21 EUR. Hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts verbleibe es bei den Ausführungen in der Beschwerdebegründung.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist in jeder denkbaren Auslegung unzulässig und daher zu verwerfen.
Ob die Festsetzung des Vergleichsmehrwerts in der Sache zu korrigieren wäre, bedarf daher keiner Erörterung. Es kommt auch nicht darauf an, dass die Beschwerde, soweit sie eine Berücksichtigung der Feststellung zur Minderungsberechtigung mit dem 42-fachen Minderungsbetrag erstrebt, nach der jüngsten Entscheidung des OLG Karlsruhe v. 20.9.2013 – 10 W 18/13, der sich die Kammer anschließt, begründet wäre.
1. Der Schriftsatz bedarf zunächst der Auslegung dahin, dass der in ihm enthaltene Antrag aus eigenem Recht der Prozessbevollmächtigten der Kläger gestellt wurde.
Der Rechtsanwalt kann regelmäßig nur die Heraufsetzung des Gebührenstreitwertes begehren. Er handelt insoweit nicht im Interesse seiner Partei, sondern im eigenen Interesse. Er ist darum selbst Partei des Streitwert-Festsetzungsverfahrens. Bleibt unklar, ob die Beschwerde vom Mandanten selbst (grundsätzlich nur zulässig zur Herabsetzung des Streitwertes) oder vom Rechtsanwalt in eigenem Recht (grundsätzlich nur zulässig zur Heraufsetzung des Streitwertes) erhoben worden ist, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Partei das prozessual "Vernünftige” anstrebt, also denjenigen Rechtsbehelf gewählt hat, der der Interessenlage der Partei nach objektiven Maßstäben entspricht (BGH NJW-RR 1995, 1183). Dies gilt auch, wenn mangels Erfüllung der jeweiligen Zulässigkeitsvoraussetzungen letztlich keiner der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe Erfolg verspricht (OLG Dresden NJW-RR 2001, 792). "Vernünftig" in diesem Sinne ist hier allein eine Beschwerdeeinlegung aus eigenem Recht der Prozessbevollmächtigten (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1303; Mayer/Kroiß/Kießling, RVG, 6. Aufl. 2013, § 32 Rn 91; Hartmann, KostG, 42. Aufl. 2012, § 32 RVG, Rn 14 m.w.Nachw.)."
Des Weiteren verbietet sich eine Auslegung, wonach mit Schriftsatz v. 6.11.2012 ein erstmaliger Antrag auf Festsetzung gestellt worden sei. Der Vergleichsmehrwert wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgesetzt. Dieser Beschluss setzt einen Antrag voraus (§ 33 Abs. 1 RVG). Es ist – im Einklang mit den üblichen Gepflogenheiten – davon auszugehen, dass ein solcher Antrag nach Vergleichsschluss gestellt und lediglich nicht protokolliert wurde, weil er dem sodann verkündeten Gerichtsbeschluss inhaltlich entsprach. Wäre demgegenüber im Verhandlungstermin der Vergleichsmehrwert noch nicht festgesetzt worden, wäre das Beschwerdegericht insoweit zu einer Entscheidung nicht befugt (vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 30.10.2012 – L 5 R 800/12 B).
Damit verbleibt es dabei, dass der Schriftsatz v. 6.11.2013 entgegen seinem Wortlaut als Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten anzusehen ist.
2. Bei der Beschwerde gem. Schriftsatz v. 6.11.2012 handelt es sich um eine solche gem. § 33 Abs. 3 RVG, wie das AG zutreffend dargelegt hat.
Die Beschwerdeführer erstreben eine Anhebung des Werts, der für den Vergleichsmehrwert festgesetzt wurde. Dieser Wert ist ausschließlich für die Anwaltsgebühren relevant. Damit ist die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 RVG erfüllt, wonach sich die Gebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert – der hier auf 19.427,69 EUR festge...