Einführung
Beratungshilfe bewegt sich für viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in einem Spannungsfeld zwischen der Pflicht zur ordentlichen Arbeit einerseits und einer nur geringen wirtschaftlichen Lukrativität andererseits. Eines ist gewiss: Vom Kosten-Nutzen-Faktor betrachtet lohnt es sich nicht, gegen gerichtliche Ablehnungen der Beratungshilfe vorzugehen. Doch nicht immer darf die Vergütung maßgebend sein. Im Sinne des rechtsuchenden Bürgers sollte man sich zumindest über die optionalen Rechtsmittel Kenntnis verschaffen und – bei einer allzu kleinlichen und stringenten Bewilligungspraxis der Gerichte – zur grundsätzlichen Klärung eines Sachverhaltes durchaus deren Einlegung überlegen. Im folgenden Kurzartikel soll ein kleiner Überblick über die Rechtsmittel in der Beratungshilfe gegeben werden.
I. Ausgangssituation
Als Rechtspfleger kenne ich die Situation, dass gegen ablehnende Entscheidungen über die Beratungshilfe ein Rechtsmittel eingelegt wird. Vielfach ist das statthafte Rechtsmittel der "Erinnerung" den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten jedoch unbekannt. Bezeichnungen wie "Beschwerde", "Rechtsmittel" oder "das zulässige Rechtsmittel" finden sich daher vielfach in anwaltlichen Erinnerungsschreiben. Dies geschieht im Grundsatz nicht etwa wegen mangelnder Kenntnisse, sondern ist einfach eine Konsequenz aus der Tatsache, dass Beratungshilfe von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten häufig und aus anwaltlicher Sicht wohl begrüßenswerterweise nicht oder nur selten wahrgenommen werden muss. Diese, nennen wir sie: "Motivationslosigkeit" zur Gewährung von Beratungshilfe ist nachvollziehbar, denn Reichtum ist dadurch nicht zu erlangen. Nicht selten ist es mittlerweile schwer genug, Beratungshilfe zu erhalten angesichts einer Sensibilisierung der Gerichte bei der Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen. Hat man dann einen "Schein errungen", schließt sich oft eine Diskussion mit dem zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über die Höhe der Gebühren, über den Anfall der Geschäftsgebühr oder der Auslagen sowie über die Zahl der Angelegenheiten an. Daneben wird versucht, das Beratungshilfeverfahren durch den Gesetzgeber zu erschweren. Das zum 1.1.2014 in Kraft tretende Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts beispielsweise steht ganz unter dem Stern einer Kostenreduktion. Symptomatisch hierfür war beispielsweise das noch im RefE sowie insbesondere im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012 vorgesehene Rechtsmittelrecht der Staatskasse auch im Bewilligungsverfahren. Dieses sollte als "Drohpotential" eine allzu leichtfertige Bewilligungspraxis unterbinden. Das Vorhaben konnte glücklicherweise verhindert werden. Auch Untersuchungen der Rechnungshöfe, Controlling-Untersuchungen, ältere Reformbestrebungen und ältere Gesetzesentwürfe versuchen und versuchten, aufgrund stetig ansteigender Beratungshilfeausgaben Maßnahmen zu etablieren, die dazu beitragen, diese Ausgaben noch zu begrenzen. Ziel des Reformvorhabens ist es klar, zwar einerseits die gesetzlichen Bestimmungen des bislang schwammig formulierten BerHG klarer zu fassen, andererseits aber das vordringliche Ziel der Kostenreduktion umzusetzen.
Während der Referentenentwurf zum 2. KostRMoG v. 13.12.2011 den Gedankengang des BVerfG, der zu niedrige Gebühren noch aufnahm, wonach es durch eine – nach der Rspr. mögliche, da einfach-rechtliche – zu restriktive Handhabung zu einer unangemessenen Vergütung der Rechtsanwälte kommen kann und er daher – z.B. um die alte Streitfrage der Zahl der Angelegenheiten in Familiensachen zu entschärfen – eine eigenständige Mehrvergütung für einen zusätzlichen Gegenstand in Familiensachen (§ 111 FamFG; Erhöhung von jeweils 10,00 EUR bei Beratung, 25,00 EUR bei Vertretung und 45,00 EUR bei Einigung) vorsah, war im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012 diese Regelung nicht mehr vorhanden. Auch die letztlich auf Empfehlung des Rechtsausschusses beschlossene Fassung des 2. KostRMoG sah konsequenterweise eine solche Regelung nicht mehr vor. Es bleibt daher bei der alten Streitfrage und es findet lediglich eine geringe Erhöhung statt. Dies soll als Anpassung an die allg. wirtschaftliche Entwicklung laufen, nachdem die Gebührentatbestände zuletzt mit Einführung des RVG, also am 1.7.2004, erhöht wurden. Alles in allem sind Vorbehalte der Rechtsanwälte daher nachvollziehbar. Ungleich höher ist es ihnen anzurechnen, dass sie dennoch – und zwar abgesehen von den wenigen Fällen des § 16a BORA – Beratungshilfemandate annehmen und mit gleichem Elan wie bei einem Normalmandat auftreten. Beratungshilfe ist ein Massengeschäft weitestgehend ohne höchstrichterliche Rspr. Das Rechtsmittel (s.u.) endet in aller Regel beim AG, so dass hier auch jedes AG seine eigene Rspr. entwickelt. Umso wichtiger ist es – auch für die anwaltliche Kanzlei und deren zukünftiges Agieren – zu wissen, wie das örtlich zuständige Gericht entscheidet und ausgerichtet ist...