BGB §§ 280, 286 EGZPO § 15a
Leitsatz
Die Rechtsanwaltskosten eines freiwillig eingeleiteten Verfahrens vor einer gesetzlich eingerichteten Gütestelle sind grundsätzlich nicht als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten.
OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2013 – 23 U 9/13
1 Sachverhalt
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an dem Medienfonds geltend.
Das LG hat der Klage in der Hauptsache teilweise stattgegeben.
Hinsichtlich der mit eingeklagten vorgerichtlichen Kosten hatte das Gericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten.
Dagegen wendet sich der Kläger. Er habe die Kanzlei des Klägervertreters vorgerichtlich mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, woraufhin – und das ist unstreitig – der Klägervertreter für diesen ein Güteverfahren bei einer staatlich anerkannten Gütestelle eingeleitet habe. Zudem habe die Beklagte gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Damit stünde fest, dass die hiesigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgerichtlich tätig gewesen seien. Für die hierfür entstandenen Tätigkeiten stünde ihnen eine 1,5-Gebühr nach Nr. 2303 VV für die Durchführung des Güteverfahrens zu. Rechtsfehlerhaft habe das LG insofern keinen richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt. Wäre der Hinweis erteilt worden, hätte der Kläger die entsprechende Honorarrechnung vorgelegt. Diese Rechnung, die mit einen Betrag von 693,18 EUR schließt und der ein Gegenstandswert von 6.775,92 EUR zur Grunde liegt, habe der Kläger ausgeglichen.
Die Beklagte meint, dass die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bereits deswegen nicht in Betracht käme, weil es den hiesigen Klägervertretern hinlänglich bekannt gewesen sei, dass die Beklagte außergerichtlich zu einer Zahlung nicht bereit gewesen sei.
2 Aus den Gründen
… Die Berufung hat weiter keinen Erfolg, soweit der Kläger nunmehr die für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gem. Nr. 2303 VV geltend macht.
Vorweg ist zu bemerken, dass das LG nicht rechtsfehlerhaft einen Hinweis i.S.v. § 139 ZPO hierzu unterlassen hat, da es sich bei den beanspruchten Rechtsanwaltskosten um bloße Nebenforderungen handelt, bezüglich derer gem. § 139 Abs. 4 ZPO gerade keine Hinweispflicht des Gericht besteht.
Auch bezüglich der – erstmals mit der Berufung geltend gemachten – Gebühr gem. Nr. 2303 VV für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens steht dem Kläger gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung zu, da die Durchführung des Güteverfahrens weder erforderlich und zweckmäßig war.
Der Kläger kann nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten ersetzt verlangen, sondern nur solche Kosten, die aus seiner Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH WM 2011, 2139; BGHZ 66, 182 (192)). Ersatzfähig sind demnach Aufwendungen für alle Maßnahmen, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung, seinen Anspruch vorprozessual oder prozessual zu verfolgen, als sachdienlich zur Rechtsverfolgung anzusehen sind (vgl. Ernst MüKo zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rn 154).
In Bezug auf das Güteverfahren mangelt es hieran.
Ist wie hier – wie dem Gericht aus einer Vielzahl von Fällen aus eigener Anschauung zur Kenntnis gelangt ist – der Schuldner bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2013 – XI ZR 148/11). Dies gilt bei den hier beanspruchten Kosten für die Durchführung eines Güteverfahrens umso mehr, als im vorliegenden Falle die Durchführung eines Güteverfahrens gem. § 15a EGZPO gerade nicht obligatorisch war. Die Durchführung eines Güteverfahrens erscheint dabei auch deswegen in besonderem Maße unzweckmäßig, weil die Prozessbevollmächtigten des Klägers – was sie erstinstanzlich unter Beweisantritt so vorgetragen haben – daneben auch ein außergerichtliches Anspruchsschreiben gefertigt haben und hierfür eine 2,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV von dem Kläger erhalten haben wollen. Neben den außergerichtlichen Anspruchsschreiben die Durchführung eines nicht obligatorischen Güteverfahrens zu betreiben war nicht zweckmäßig.
AGS 11/2013, S. 538 - 539