FamFG § 61 Abs. 1
Leitsatz
Die in § 61 Abs. 1 FamFG für vermögensrechtliche Angelegenheiten vorgesehene Mindestbeschwer von über 600,00 EUR findet auf eine Kostenbeschwerde in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit keine Anwendung.
BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – XII ZB 464/12
1 Sachverhalt
Die beiden minderjährigen Antragstellerinnen hatten die Feststellung begehrt, dass der Beteiligte zu 2) ihr Vater sei. Nachdem das vom AG eingeholte Abstammungsgutachten ihn als Vater ausgeschlossen hatte, haben die Antragstellerinnen ihren Antrag zurückgenommen. Das AG hat die Gerichtskosten den Beteiligten zu 1) (Kindesmutter) und zu 2) je hälftig auferlegt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 2) als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG nicht erreicht sei. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2).
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde sei unzulässig, weil auch bei einer isolierten Kostenbeschwerde der Beschwerdewert von über 600,00 EUR (§ 61 Abs. 1 FamFG) erreicht sein müsse. Das gelte auch, wenn es sich in der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handele. Da die Beschwer des Beteiligten zu 2) mit 378,25 EUR unter diesem Betrag liege und das AG die Beschwerde nicht zugelassen habe, sei seine Beschwerde unzulässig.
2. Die angegriffene Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings die isolierte Kostenentscheidung als nach § 58 Abs. 1 FamFG beschwerdefähig angesehen (s. dazu Senatsbeschl. v. 28.9.2011 – XII ZB 2/11, FamRZ 2011, 1933 m.w.Nachw. [= AGS 2011, 615]).
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts scheitert die Zulässigkeit der Beschwerde indes nicht an der Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG. Zwar beläuft sich die Beschwer für den Beteiligten zu 2) vorliegend auf lediglich 378,00 EUR und liegt damit unter dem dort genannten Betrag von 600,00 EUR. Die Vorschrift des § 61 Abs. 1 FamFG ist jedoch nicht anwendbar, weil es sich bei dem zugrunde liegenden Verfahren um eine Abstammungssache i.S.d. § 169 Nr. 1 FamFG und damit um keine vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 61 Abs. 1 FamFG handelt.
aa) In Rspr. und Lit. wird die Frage, ob die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG bei Beschwerden gegen (isolierte) Kostenentscheidungen erreicht sein muss, obgleich die Hauptsache eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit darstellt, allerdings nicht einheitlich beantwortet.
(1) Nach einer überwiegend von der Rspr. und Teilen der Lit. vertretenen Ansicht stellt die Anfechtung der Kostenentscheidung auch dann eine vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.d. § 61 Abs. 1 FamFG dar, wenn es sich bei der Hauptsache – wie hier – um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt, weshalb die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG auch für solche Kostenbeschwerden gelte (OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 943; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 664 [= AGS 2010, 41]; OLG Hamburg FamRZ 2010, 665 [= AGS 2010, 252]; OLG München FamRZ 2010, 1465; OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1695; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1835; OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1466 [= AGS 2010, 249]; OLG Köln FamRZ 2010, 1834; OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 1835; Bumiller/Harders, FamFG 10. Aufl. § 61 Rn 1; Keidel/Meyer-Holz, FamFG § 61 Rn 4; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG 2. Aufl. § 61 Rn 3; BeckOK FamFG-Gutjahr [Stand: 1.4.2013] § 61 Rn 5 f.). Kosten- und Auslagenentscheidungen beträfen ein vermögensrechtliches Rechtsverhältnis bzw. hätten eine vermögenswerte Leistung zum Gegenstand. Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bestimme sich nicht nach dem Verfahrensgegenstand erster Instanz, sondern danach, was in der Beschwerdeinstanz verlangt werde (OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1695). Dem liege die auf einer wirtschaftlichen Betrachtung beruhende Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, wonach es keinen wesentlichen Unterschied für die Beschwer eines Beteiligten mache, ob dieser sich (nur) gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Hauptsacheentscheidung wende. Das gelte bei der isolierten Anfechtung auch dann, wenn die Hauptsache eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit betreffe (vgl. OLG Köln FamRZ 2010, 1834).
(2) Anderer Auffassung zufolge findet § 61 Abs. 1 FamFG bei einer Kostenbeschwerde keine Anwendung, wenn die Hauptsache eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand hat. Die Anfechtung einer Kostenentscheidung vermöge an der Qualifikation einer Familiensache als vermögens- oder nicht vermögensrechtlich nichts zu ändern (OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1827 [= AGS 2012, 429]; OLG Nürnberg FamRZ 2010, 998 [= AGS 2010, 252]; Fölsch Das neue FamFG in Familiensachen § 5 Rn 15; Kemper/Schreiber/Schneider, Familienverfahrensrecht, 2. Aufl. § 82 Rn 34). Die gegenteilige Auffassung führe bei Kostenbeschwerden in Familiensachen, die keine Familienstreitsachen seien, einerseits und solchen in Familienstreitsachen and...