ZPO §§ 845, 788 Abs. 1, 2
Leitsatz
- Für die Festsetzung der notwendigen Kosten für eine Vorpfändung aus einem rechtskräftigen Urteil ist das Vollstreckungsgericht zuständig.
- Wird das Urteil, aus dem Vorpfändungsmaßnahmen betrieben wurden, aufgehoben oder geändert, so hat der Gläubiger die bereits beigetriebenen oder freiwillig gezahlten Kosten zu erstatten. Etwas anderes gilt, wenn die ursprünglich titulierte Forderung auch nach Aufhebung und Zurückverweisung, nach anschließendem neuem Urteil und/oder teilweiser Bestätigung durch einen Vergleich nunmehr letztendlich größtenteils bestätigt wird.
- Grundsätzlich sind die Kosten einer Vorpfändung erstattungsfähig, wenn die Vorpfändung notwendig war, um die Rechte aus der Zwangsvollstreckung, z.B. einen bestimmten Rang, zu sichern. Es ist also erforderlich, dass die Gläubigerin begründeten Anlass zur Besorgnis hat, ohne diese Vorpfändung ihre Forderung nicht realisieren zu können. Bei wiederholter Vorpfändung wirkt nur diejenige, die innerhalb der Monatsfrist liegt. Lässt der Gläubiger diese Frist verstreichen, steht ihm insoweit kein Kostenerstattungsanspruch zu.
- Die Kosten für eine Vorpfändung sind nicht erstattungsfähig, wenn dem Gläubiger von vornherein klar war, dass eine Pfändung nicht möglich ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Gläubiger die Frist zur Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses versäumt. In dem Fall sind die Kosten der Vorpfändung nicht erstattungsfähig, wohl aber die im Rahmen der Tätigkeit im Zusammenhang mit der tatsächlichen Pfändungsmaßnahme (hier: Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses).
- Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten sind notwendige Kosten im Rahmen der Zwangsvollstreckung.
LG München II, Beschl. v. 17.12.2012 – 6 T 3151/12
1 Sachverhalt
Die ursprüngliche Klägerin und damalige Gläubigerin ist am 9.5.2008 verstorben. Der Alleinerbe Dieter H. nahm den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 20.6.2008 auf.
Die ursprüngliche Gläubigerin leitete im Anschluss an das vorläufig vollstreckbare Urteil des LG München II v. 25.10.2005 – 3 O 3256/05, mit welchem der Gläubigerin gegen Sicherheitsleistung die Zahlung von 128.780,35 EUR nebst Zinsen zugesprochen wurden, die vorläufige Zwangsvollstreckung ein.
Das Urteil des LG München II wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin am 3.11.2005 zugestellt. Am 8.11.2005 wurde ihr eine vollstreckbare Ausfertigung übersandt.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin nahm folgende Vorpfändungen vor:
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Vorpfändung vom 9.12.2005, ...- Bank |
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Vorpfändung vom 9.1.2006, L. |
Am 20.1.2006 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin beim AG Weilheim den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Gepfändet werden sollte der Anspruch des Schuldners auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Entgelts für Stromlieferung aus Wasserkraft und Photovoltaik gegenüber dem Drittschuldner Fa. L., Augsburg (M 99/06, AG Weilheim). Das AG Weilheim erließ diesen am 24.1.2006 unter dem Aktenzeichen M 99/06.
Des Weiteren beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin beim AG Weilheim mit Schriftsatz vom 3.2.2006 den Erlass eines weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Gepfändet werden sollte der Anspruch des Schuldners auf Zahlungen und Leistungen aus der laufenden Geschäftsverbindung mit der Drittschuldnerin Bank Garmisch-Partenkirchen. Das AG erließ den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 9.2.2006 unter dem Aktenzeichen M 190/06.
Im Berufungsverfahren hob das OLG München mit Urt. v. 23.3.2006 das Urteil des LG München II vom 25.10.2005 auf und verwies den Rechtsstreit an das LG München II zurück. Das LG München II verurteilte den Beklagten mit neuem Urt. v. 2.2.2010 – mit Ausnahme der angepassten Zinsen im Hinblick auf die verstrichene Zeit – wie im Urt. v. 25.10.2005. Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Rechtsnachfolger der bisherigen Gläubigerin nahm im Rahmen der vorläufigen Zwangsvollstreckung nach dem Urt. v. 2.2.2010 folgende Vorpfändungen vor:
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Vorpfändung vom 17.8.2010, Drittschuldner L.-GmbH |
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Vorpfändung vom 17.8.2010, Drittschuldner E. |
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Vorpfändung vom 17.8.2010, Drittschuldner ...- Bank |
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Vorpfändung vom 28.9.2010, Drittschuldner H.-GmbH |
Die drei Vorpfändungen vom 17.8.2010 wurden jeweils durch Gerichtsvollzieherin F. am 20.8.2010 zugestellt.
Bezüglich der drei Vorpfändungen vom 17.8.2010 wurden am 29.9.2010 beim AG Weilheim bezüglich der drei Drittschuldner jeweils Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse beantragt (1 M 2575/10), die am 4.10.2010 erlassen wurden.
Bezüglich der Vorpfändung vom 28.9.2012 bezüglich der Drittschuldnerin H.-GmbH wurde kein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt.
Im erneuten Berufungsverfahren schlossen die Parteien vor dem OLG München am 19.10.2010 einen Vergleich, in welchem das Urteil des LG München II größtenteils bestätigt wurde. Der Beklagte verpflichtete sich, vergleichsweise einen Betrag in Höhe von 120.000,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen, wobei ihm 10.000,00 EUR erlassen ...