Diese Zeilen fallen einem sofort ein, wenn man an den im Mai in aller Stille von uns gegangenen großen Kollegen Wolfgang Madert denkt.
Sein Leben war alles andere als still. Am 28.2.1931 in der Nähe von Kempen geboren entdeckte er weitaus früher als seine Liebe zur Jurisprudenz die Liebe zur Musik. Folgerichtig studierte er zunächst katholische Kirchenmusik, um als Organist und Chorleiter an der Christ-Königs-Pfarrgemeinde in Duisburg die erste Stelle anzutreten. Wäre es dabei geblieben, wäre der deutschen Anwaltschaft ein engagierter Streiter für unser Gebührenrecht verloren gegangen, der seine zahllosen Urteilsanmerkungen und Kommentare ebenso laut und präzise verfasste, wie er seinerzeit seinen Chor geführt haben mag.
Seiner Frau Christina ist es letztendlich zu verdanken, dass er sich als verantwortungsvoller Familienvater – wie er seinen Berufswechsel selbst begründete – der Rechtswissenschaft zuwandte.
Wie immer im Leben von Wolfgang Madert ließ auch hier der Erfolg nicht lange auf sich warten. Nach dem zweiten Staatsexamen trat er recht schnell in eine angesehene Praxis ein, die er später mit mehreren Sozien – u.a. mit dem früheren Vizepräsidenten der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf und dem Präsidenten des DAV, Dr. Schardey – fortführte und ständig erweiterte.
Neben dem Familienrecht widmete sich Wolfgang Madert recht schnell dem Gebührenrecht und machte sich alsbald auf diesem Gebiet als Referent und Autor bundesweit einen Namen. Unvergessen sind seine Beiträge in dem wohl nach wie vor bedeutendsten Gebührenkommentar Gerold/Schmidt, den er seit der 9. Aufl. bis vor einigen Jahren noch mitgestaltete und begleitete.
Legende sind die bereits erwähnten Hunderte von Urteilsanmerkungen, die es an deutlicher Kritik nicht fehlen ließen, wenn die betroffene Entscheidung dies herausgefordert hatte.
Ebenso deutlich und hilfreich waren die Kommentare von Wolfgang Madert in den Sitzungen der Gebührenreferententagung der Bundesrechtsanwaltskammer, an denen er als Ehrengast für den DAV stets aktiv bis in die jüngste Vergangenheit hin teilnahm. Aufgrund seiner Fachkompetenz war er selbstverständlich in den Gebührenausschuss des DAV berufen worden und daneben fand er noch die Zeit, Lehrbücher und Monografien für verschiedene juristische Verlage zu verfassen und herauszugeben.
Auf viele dieser Werke wird noch heute dankbar zurückgegriffen, soweit sie trotz der geänderten Gesetzeslage an der einen oder anderen Stelle immer noch hohe Aktualität besitzen. Die Anerkennung, die sich Wolfgang Madert als führender Gebührenrechtler erworben hatte, wird wohl am besten deutlich, wenn man an seinen Ehrentitel "Gebührenpapst" erinnert. Dieser Titel war nicht nur durch Kommentare und Lehrbücher erworben worden, sondern durch die die bereits erwähnte umfangreiche und bundesweit vorgenommene Referententätigkeit u.a. für die im Jahre 1978 gegründete Deutsche Anwaltakademie. Für diese reiste er nicht nur durch Deutsche Lande, sondern verstand es auch, seine Zuhörer in die Schweiz zu locken, um sie in dem von ihm so geliebten Waldhaus bei Sils Maria in die Höhen und Tiefen des deutschen Gebührenrechts einzuweihen.
Und damit nicht genug, gründete er 1993 auch noch die Zeitschrift, die jetzt in Ihren Händen liegt und die in seinem Sinne fortzuführen Norbert Schneider und mir eine hohe Ehre ist.
Aber auch außerhalb der Anwaltschaft blieben seine Verdienste und sein nimmermüdes Schaffen nicht unbemerkt. Am 18.10.2002 wurde ihm das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland durch den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau verliehen und von der Präsidentin des OLG Düsseldorf, Frau Anne José-Paulsen, überreicht.
Als eine weitere und im wahrsten Sinne ganz hervorragende Auszeichnung wird man es aber auch bezeichnen müssen, dass der Beck-Verlag seinem Autor anlässlich seines 75. Geburtstages eine Festschrift widmete. Nach dem Gebührenrechtler Dr. Herbert Schmidt wurde damit erst zum zweiten Mal einem Gebührenrechtler die Ehre zuteil, eine eigene Festschrift zu erhalten, an deren Gestaltung sich viele namhafte Gebührenrechtler und Berufsrechtler beteiligt haben.
Jeder, der an der Übergabe dieser Festschrift teilgenommen hat, wird sich noch beeindruckt an die Anzahl und die Namen der Gäste erinnern, die diesen festlichen Akt mitgestaltet haben.
Wenn dem anwaltlichen Gebührenrecht heute eine weitaus größere Aufmerksamkeit zuteil wird als noch vor einigen Jahren, so ist dies sicher zu einem ganz großen Teil Wolfgang Madert zu verdanken. Schon aus diesem Grunde wird die Erinnerung an ihn immer erhalten bleiben.
Der unter Anwälten oft vernommene Satz: "Da müssen wir mal den Madert fragen" wird den Herausgebern dieser Zeitschrift jedenfalls stets Ansporn und Verpflichtung sein.
Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons,
AGS 11/2013, S. II