RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141
Leitsatz
Die Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV entsteht, wenn eine zulässig eingelegte Revision zurückgenommen wurde und konkrete Anhaltspunkte – wie etwa neue rechtliche Gesichtspunkte in der Antragsschrift des Generalstaatsanwalts, die eine weitere Prüfung und gegebenenfalls Beratung durch den Verteidiger erforderlich machen – dafür vorlagen, dass im Falle der Fortführung des Revisionsverfahrens eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre.
OLG Naumburg, Beschl. v. 17.6.2013 – 1 Ws 335/13
1 Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war dem Verurteilten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Gegen das Urteil des LG hatte der Beschwerdeführer im Namen seines Mandanten Revision eingelegt und diese in Form der allgemeinen Sachrüge auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt. Der Generalbundesanwalt hatte mit Schriftsatz v. 10.1.2013 die Verwerfung der Revision beantragt. Bereits mit Schriftsatz v. 9.1.2013 hatte der Verteidiger die Revision noch vor Eingang der Akten bei dem BGH zurückgenommen.
Der Beschwerdeführer beantragte sodann die Festsetzung seiner Kosten für das Revisionsverfahren, darunter auch einer Zusätzlichen Gebühr nach den Nrn. 4141, 4130 VV. Das Gericht hat die Zusätzliche Gebühr abgesetzt.
Die dagegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers hat das LG als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV steht dem Beschwerdeführer nicht zu.
Diese Gebühr ist verdient, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Sie entsteht nach Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 3 VV, wenn unter anderem wie hier sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme der Revision des Angeklagten erledigt. Dies gilt im Falle eines bereits bestimmten Termins zur Hauptverhandlung nur dann, wenn sie früher als zwei Wochen vor Beginn des für die Hauptverhandlung vorgesehenen Tages zurückgenommen wird. Nach 4141 Abs. 2 VV entsteht die Gebühr nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist.
Die Frage, welches Verfahrensstadium das Revisionsverfahren erreicht haben muss sowie ob und gegebenenfalls welche weiteren konkrete Anhaltspunkte für die Mitwirkung des Verteidigers ersichtlich sein müssen, damit die Gebühr, die keine "bloße Rücknahmegebühr" darstellt (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Nr. 4141 VV, Rn 34), verdient ist, wird in der obergerichtlichen Rspr. nicht einheitlich beantwortet.
So lässt etwa der 3. Senat des OLG Düsseldorf (RVGreport 2006, 67 f. [= AGS 2006, 124]) es für die Entstehung der Gebühr ausreichen, dass die Revision unabhängig vom Stand des Revisionsverfahrens und der Frage ihrer Begründung zurückgenommen wird und der Verteidiger vorträgt, er habe dies seinem Mandanten empfohlen.
Eine andere Auffassung in der Rspr. geht davon aus, dass die Anm. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV im Revisionsverfahren nicht entsteht, wenn die Revision nicht zumindest, also wenigstens mit der allgemeinen Sachrüge begründet worden war (vgl. KG NStZ 2006, 239 f. [= AGS 2005, 434]).
Die wohl überwiegende Auffassung der OLG geht davon aus, dass die zusätzliche Gebühr nur entstehen kann, wenn nicht nur eine zulässig eingelegte – also auch begründete – Revision zurückgenommen wurde, sondern darüber hinaus auch konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass im Falle der Fortführung des Revisionsverfahrens eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, wobei sich derartige Umstände aus einem entsprechenden Antrag in der Zuschrift des Generalstaatsanwalts oder daraus ergeben können, dass ein Hauptverhandlungstermin anberaumt worden ist, das Verfahren also jedenfalls beim Revisionsgericht anhängig geworden ist (vgl. OLG Düsseldorf – 2. Strafsenat – JurBüro 2008, 85 sowie die weiteren Nachweise bei Burhoff in Gerold/Schmidt, a.a.O., Fn 101).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung und der hierfür mit Beschluss des OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, a.a.O., dargelegten Begründung an:
Die im Anschluss an die gebührenrechtlich neutrale Einlegung der Revision vorzunehmende prüfende und beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts wird bereits durch die Gebühr Nrn. 4130/4131 VV abgedeckt. Diese umfasst die Prüfung und Beratung, ob und mit welchem Inhalt die Revision durchgeführt werden soll. Das Ergebnis dieser Beratung kann sein, die Revision weitergehend zu begründen oder aber auch sie mangels Erfolgsaussicht zurückzunehmen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat dafür, dass jedenfalls allein die theoretische Möglichkeit der Durchführung einer Revisionshauptverhandlung durch Einlegung der Revision und gegebenenfalls ihre Begründung den Anfall der geltend gemachten Zusatzgebühr nicht zu rechtfertigen vermag. Sofern sich aus der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts indes neue rechtliche Gesichtspunkte ergeben, die den Verteidiger zum Überdenken seines bis dahin vertretenen Standpunkts zwingen und so eine weitere Prüfung und gegebenenfalls Beratung erfordern, die mit der Gebühr nach Nrn. 4130/4131 VV nic...