Leitsatz
- Wird ein vorläufig vollstreckbares Urteil durch einen Prozessvergleich ersetzt, wonach der Schuldner zur Zahlung eines geringeren Betrags verpflichtet ist, kann der Gläubiger grundsätzlich die Erstattung der Kosten aus der zuvor auf der Grundlage des Urteils betriebenen Zwangsvollstreckung in der Höhe verlangen, in der sie angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf den Vergleichsbetrag beschränkt hätte (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 10.10.2003 – IXa ZB 204/03, NJW-RR 2004, 503).
- Wird dem Schuldner im Prozessvergleich Ratenzahlung auf den Vergleichsbetrag gewährt, hat die darin liegende Stundung keine Auswirkungen auf den dem Gläubiger nach diesen Grundsätzen zustehenden Anspruch auf Erstattung der Vollstreckungskosten.
BGH, Beschl. v. 9.7.2014 – VII ZB 14/14
1 Sachverhalt
Der Gläubiger hatte im Urkundenprozess ein vorläufiges vollstreckbares Vorbehaltsurteil erwirkt, mit dem die Schuldnerin zur Zahlung von 4.842,00 EUR und weiteren 471,50 EUR, jeweils mit Zinsen, verurteilt wurde. Nachdem er daraus erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben hatte, schlossen die Parteien am 23.1.2013 einen Prozessvergleich.
Darin verpflichtete sich die Schuldnerin, an den Gläubiger zum Ausgleich der Klageforderung 2.421,00 EUR zu zahlen. Ihr blieb vorbehalten, diesen Betrag in monatlichen Raten zu je 100,00 EUR zu zahlen. Die erste Rate war am 1.3.2013 fällig, die weiteren Raten jeweils zum Monatsersten. Für den Fall, dass die Schuldnerin mit einer Zahlung mehr als zehn Werktage in Verzug geriet, sollte die gesamte dann noch offene Forderung sofort fällig und mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sein. Der Gläubiger verpflichtete sich, auf die Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil zu verzichten. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben.
Auf Antrag des Gläubigers hat das AG – Vollstreckungsgericht – die von der Schuldnerin an den Gläubiger zu erstattenden Zwangsvollstreckungskosten gem. § 788 ZPO auf 410,20 EUR nebst Zinsen und weiteren 3,50 EUR Zustellungsauslagen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das LG den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag des Gläubigers zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Kostenfestsetzungsantrag weiter.
Der BGH hat die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Festsetzung der Vollstreckungskosten stehe entgegen, dass der Gläubiger nur solche Vollstreckungskosten erstattet verlangen könne, die angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf das Vergleichsergebnis beschränkt hätte. Da die Beteiligten im Vergleich eine Stundung der Vergleichssumme vereinbart hätten und sich der Gläubiger zudem verpflichtet habe, auf die Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil zu verzichten, könne der Gläubiger aus dem Vorbehaltsurteil nicht nur nicht mehr in Höhe der vollen Urteilssumme, sondern überhaupt nicht und damit auch nicht wegen der angefallenen Kosten vollstrecken.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Gläubiger kann von der Schuldnerin gem. § 788 ZPO die Kosten der Zwangsvollstreckung in der Höhe ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er die Zwangsvollstreckung beschränkt auf den Vergleichsbetrag betrieben hätte.
a) Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass die Parteien in dem Prozessvergleich keine Regelung für die aufgrund der Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil angefallenen Kosten getroffen haben. Von der im Vergleich vereinbarten Kostenaufhebung werden sie nicht umfasst, da die Kosten der Zwangsvollstreckung keine Kosten des Rechtsstreits sind (BGH, Beschl. v. 10.10.2003 – IXa ZB 204/03, NJW-RR 2004, 503, 504; Beschl. v. 24.2.2010 – XII ZB 147/05, NJW-RR 2010, 1005).
b) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht dem Gläubiger jeglichen Anspruch auf Kostenerstattung versagt.
aa) Der im Prozessvergleich vereinbarte Verzicht des Gläubigers auf die Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil bedeutet lediglich, dass für die Zukunft nur noch der Prozessvergleich Vollstreckungstitel ist. Der Verzicht nimmt dem Vorbehaltsurteil jedoch in dem durch den Prozessvergleich bestätigten Umfang nicht die Wirkung als Grundlage für in der Vergangenheit bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen (BGH, Beschl. v. 10.10.2003 – IXa ZB 204/03, a.a.O., 504; Beschl. v. 24.2.2010 – XII ZB 147/05, a.a.O.).
bb) Dafür, dass die Forderung zum Zeitpunkt der versuchten Zwangsvollstreckung noch nicht fällig war, ist nichts ersichtlich. Die Forderung wurde der Schuldnerin erst mit der im Prozessvergleich bewilligten Ratenzahlung gestundet. Diesem Umstand kommt für die Frage, inwieweit der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zu Recht betrieben hat, keine Bedeutung zu (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 788 Rn 13, Stichwort "Stundung").
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt dies nicht dazu,...