Leitsatz
Der Streitwert einer negativen Feststellungsklage bemisst sich nach dem vollen Wert des Anspruchs, dessen Nichtbestehen festgestellt werden soll. Ein Feststellungsabschlag ist nicht vorzunehmen.
BGH, Beschl. v. 9.6.2015 – IX ZR 257/14
1 Sachverhalt
Die Beklagte wurde von den Mitgliedern einer Anwaltssozietät auf Feststellung verklagt, dass keine Anwaltshaftungsansprüche der Beklagten i.H.v. 150.000,00 EUR gegen die Sozietät aufgrund der anwaltlichen Beratung in einem Scheidungsverfahren bestünden. Widerklagend hat die Beklagte von der Anwaltssozietät die Zahlung von 10.000,00 EUR Schadensersatz begehrt. Der Klage wurde stattgegeben, die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen. Der Senat hat der Beklagten die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auferlegt und den Streitwert auf 150.000,00 EUR festgesetzt. Gegen die Streitwertfestsetzung hat die Beklagte "Beschwerde" eingelegt.
2 Aus den Gründen
Das Schreiben der Beklagten ist als Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss auszulegen, weil nach §§ 68 Abs. 2 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet (BGH, Beschl. v. 29.6.2011 – XII ZB 113/11, Rn 3). Die Gegenvorstellung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist binnen der in §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG analog bestimmten Frist eingelegt worden (BGH, Beschl. v. 13.1.2014 – XI ZR 362/12, Rn 2; v. 29.6.2011, a.a.O.; vgl. zum Beginn der Frist Jäckel, BeckOK Kostenrecht, 2015, § 63 Rn 31 für § 516 Abs. 3 ZPO). Jedenfalls in entsprechender Anwendung von §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 5 S. 1 GKG, § 78 Abs. 3 ZPO bedurfte die Beklagte hierzu auch keiner anwaltlichen Vertretung.
Doch besteht kein Anlass zu einer abweichenden Streitwertfestsetzung. Bei der negativen (leugnenden) Feststellungsklage ist wegen der vernichtenden Wirkung des obsiegenden Urteils der Streitwert so hoch zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt, also ohne Feststellungsabschlag (BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352, 353; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 unter dem Stichwort Feststellungsklagen). Durch die Erhebung der Widerklage hat sich der Streitwert jedenfalls nicht verringert (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2003, 236 f.). Ob die negative Feststellungsklage durch die Leistungswiderklage in Höhe des Klageantrags (10.000,00 EUR) unzulässig geworden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn 7d f.), kann dahinstehen. Denn die Höhe des Streitwerts wird zumindest vorliegend von der Zulässigkeit der Klage nicht berührt.
Dass die Beklagte sich gegenüber den Klägern einer irrealen Forderung berühmt hätte (vgl. Zöller/Herget, a.a.O. § 3 Rn 16 unter dem Stichwort Feststellungsklagen), macht die Beklagte nicht geltend, wurde von den Tatsacheninstanzen nicht festgestellt und ergibt sich so nicht aus den Akten.
AGS 11/2015, S. 521 - 522