Leitsatz
- Ein Anspruch auf Freistellung vom Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten nach § 63 SGB X ist ausgeschlossen, wenn der Mandant im Zeitpunkt des Kostenerstattungsantrages die Einrede der Verjährung erheben könnte.
- Der Beklagte ist berechtigt, die Erstattung der Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf die Kostenminderungspflicht abzulehnen.
SG Nordhausen, Urt. v. 26.10.2015 – S 31 AS 818/14
1 Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.
Die Klägerin und ihre Kinder bezogen u.a. im Zeitraum März 2009 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin. Grundlage war zunächst der Bewilligungsbescheid v. 13.1.2009, der in der Folgezeit durch verschiedene Änderungsbescheide abgeändert wurde. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid v. 27.4.2009 hob der Beklagte die für März 2009 bewilligten Leistungen teilweise auf und forderte von der Klägerin und den Kindern 341,23 EUR zurück. Hiergegen legte die anwaltlich vertretene Klägerin mit den Kindern Widerspruch ein. Der Beklagte hob den Bescheid auf und erklärte sich auf den separaten Antrag des Bevollmächtigten mit Bescheid v. 19.10.2009 bereit, die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Grunde nach zu erstatten.
Am 13.6.2013 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf 656,88 EUR festzusetzen. Dabei ging er von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 280,00 EUR zuzüglich Gebührenerhöhung für die weiteren drei Widerspruchsführer aus. Der Beklagte forderte den Bevollmächtigten zunächst um Mitteilung auf, wann er den Betrag der Mandantschaft in Rechnung gestellt hat. Daraufhin legte der Prozessbevollmächtigte eine Gebührenrechnung v. 31.12.2009 vor, die sich auf den Leistungszeitraum Mai bis Oktober 2009 bezog und einen identischen Betrag auswies. Der Beklagte setzte daraufhin die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 0,00 EUR fest. Die Gebührenforderung gegen die Mandanten sei zum Zeitpunkt des Kostenfestsetzungsantrages bereits verjährt. Hiergegen legte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein, der erfolglos blieb.
Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin, die die Festsetzung der beantragten Gebühr, mindestens jedoch 357,00 EUR begehrt. Die Vollmacht sei nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht erloschen. Die Verjährungsregelung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten sei nicht auf den Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegenüber dem Beklagten zu übertragen. Darüber hinaus hat sie die Auffassung vertreten, die Entscheidung im Widerspruchsverfahren betreffe nur sie persönlich. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Kostenerstattung für die Kinder liege noch nicht vor.
Das SG hat die Klage abgewiesen.
2 Aus den Gründen
Die Klage ist in Form der Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und zulässig, im Ergebnis aber unbegründet. Die Klägerin war wegen Zeitablaufs nicht berechtigt, weitere Gebühren von dem Beklagten zu fordern.
Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen in diesem Sinne sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen. Sie sind nach Maßgabe des RVG zu bestimmen (vgl. Roos, in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn 29). Die Klägerin hatte zunächst grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Gebühren und Auslagen ihres Bevollmächtigten, weil der Beklagte dies im Bescheid v. 19.10.2009 anerkannte.
Der Anspruch auf Erstattung von Kosten ist jedoch auf die notwendigen Aufwendungen beschränkt. Notwendig ist dabei alles, was ein verständiger Beteiligter im Hinblick auf die Bedeutung sowie die sachliche oder rechtliche Schwierigkeit der Angelegenheit vernünftigerweise für erforderlich halten durfte (vgl. Roos, ebd., Rn 13 m.w.N.). Grundsätzlich sind in Fällen mit anerkannt notwendiger rechtsanwaltlicher Bevollmächtigung die vom Rechtsanwalt nach dem RVG zu fordernden Gebühren und Auslagen als vernünftige Ausgabe in diesem Sinn zu verstehen.
Im konkreten Fall steht dem Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Kosten für die anwaltliche Beauftragung zunächst die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X oder die vierjährige Verjährungsfrist nach § 45 SGB I gilt, wie der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen hat. Auch die letztgenannte Frist ist noch nicht verstrichen, denn sie begann nach Bestandskraft der Kostengrundentscheidung erst mit Ablauf des Jahres 2009. Die Rechnung des Bevollmächtigten datiert auf den 13.6.2013.
Das Gericht folgt der Klägerin auch insoweit, als die nach § 8 RVG und § 195 BGB geltende dreijährige Verjährungsfrist für die Rechtsanwaltsgebühren nur im Innenverhältnis zwischen dem Manda...