Die Entscheidung ist zutreffend. Sie hat allerdings nur Gültigkeit für das Sozialrecht. Dort ist die Untätigkeitsklage gem. § 88 SGG als reine Bescheidungsklage ausgestaltet, so dass sie lediglich den Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids betrifft, nicht aber auf dessen inhaltliche Gestaltung. Die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens ist aber nur anzurechnen, wenn gegen den Widerspruchsbescheid im Klagewege vorgegangen wird. Nur dann liegt insoweit nämlich derselbe Streitgegenstand zugrunde.

Anders verhält es sich bei der sog. verwaltungsrechtlichen Untätigkeitsklage nach § 75 Abs. 1 VwGO. Insoweit handelt es sich streng genommen nämlich gar nicht um eine Untätigkeitsklage. Hier wird sogleich gegen den ursprünglichen Ausgangsbescheid vorgegangen. Die nicht rechtzeitige Bescheidung des Widerspruchs führt hier lediglich dazu, dass das Vorverfahren nicht mehr weiter durchgeführt und dessen Ausgang abgewartet werden muss, sondern die Klage unbeschadet dessen zulässig wird, dass das Vorverfahren noch nicht abgeschlossen ist (§ 75 Abs. 1 VwGO). Daher ist hier die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen. Nur dann, wenn auch vor dem VG ausnahmsweise eine isolierte Bescheidungsklage erhoben wird, scheidet eine Anrechnung aus.

Norbert Schneider

AGS 11/2016, S. 513 - 516

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