Leitsatz
Das Verfahren über den Widerruf mehrerer Strafaussetzungen zur Bewährung stellt nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG dar.
LG Oldenburg, Beschl. v. 12.9.2016 – 5 Qs 331/16
1 Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war für den Verurteilten als Pflichtverteidiger im Beschwerdeverfahren vor dem LG tätig. Das AG hatte zunächst durch Beschl. v. 11.1.2016 die dem Verurteilten jeweils gewährte Strafaussetzung zur Bewährung in den dortigen Bewährungsverfahren 13 BRs 13/11, 13 BRs 12/11 und 3 BRs 120/11 widerrufen. Hiergegen haben sich die sofortigen Beschwerden, die der Verurteilte durch den Beschwerdeführer eingelegt hat, gerichtet. Das LG hat den Beschwerdeführer zum Pflichtverteidiger bestellt, in seinem Beschl. v. 22.2.2016 (4 Qs 53/16, 4 Qs 54/16, 4 Qs 55/16) die entsprechenden Beschwerdeverfahren miteinander verbunden und die sofortigen Beschwerden insgesamt als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat durch Schriftsatz vom 25.2.2016 die Auszahlung von Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 1.128,72 EUR beantragt, wobei er für die drei miteinander verbundenen Beschwerdeverfahren jeweils Gebühren nach Nr. 4200 Nr. 3 VV und entsprechende Auslagenpauschalen geltend gemacht hat. Das AG hat lediglich 386,15 EUR festgesetzt und hierzu ausgeführt, dass die drei verbundenen Verfahren gebührenrechtlich als eine Angelegenheit anzusehen seien. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde durch den Richter des AG zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Beschwerdeführer nur in einer Angelegenheit tätig geworden ist, für die eine Gebühr auch nur einmal gefordert werden kann, § 15 Abs. 2 RVG.
Das AG hat zutreffend auf die Rspr. des OLG Oldenburg (Beschl. v. 20.5.2015 – 1 Ws 190/15, 1 Ws 191/15, 1 Ws 192/15 und 1 Ws 193/15) Bezug genommen. Danach können mehrere selbstständige Verfahren Teile derselben Angelegenheit sein, wenn es sich im gebührenrechtlichen Sinne um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt (so auch: OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2010 – III-2 Ws 780/10, III-2 Ws 781/10, 2 Ws 780/10, 2 Ws 781/10 [= AGS 2011, 174]). So war es auch hier: Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde dem Verurteilten jeweils mit gleichlautenden Beschlüssen v. 11.1.2016 widerrufen, und zwar einheitlich mit derselben Begründung, wonach der Verurteilte während der laufenden Bewährungszeit erneut straffällig geworden und deshalb durch Urteile der Amtsgerichte Vechta und Lüneburg verurteilt worden ist. Hiergegen hat der Beschwerdeführer, der eine einheitliche Vollmacht für alle drei BRs-Verfahren vorgelegt hat, durch jeweils gleichlautende Schriftsätze v. 22.1.2016 sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat er dann durch einheitlichen Schriftsatz vom 16.2.2016 begründet. Bei dieser Sachlage besteht kein Zweifel daran, dass die Rechtsmittel gegen die Widerrufsbeschlüsse für den Beschwerdeführer einheitlich zu betrachten waren und der Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit jeweils identisch war.
Darauf, dass das AG in drei getrennten Beschlüssen über den Widerruf entschieden hat und eine Verfahrensverbindung erst durch Beschluss des LG erfolgt ist, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Denn einerseits geht es ja gerade um die Vergütung im Beschwerdeverfahren. Andererseits spielt es in einem Verfahren, das gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit darstellt, keine Rolle, ob gesonderte Beschwerdeverfahren auch förmlich verbunden werden.
entnommen von www.burhoff.de
AGS 11/2016, S. 510 - 511