Sparen heißt nicht tilgen

Die zutreffende und für den Verbraucher erfreuliche Entscheidung des Pfälzischen OLG reiht sich nahtlos in die gefestigte höchst- und obergerichtliche Rspr. zur Streitwertbemessung bei Darlehenswiderrufen ein.

Die dargestellte höchstrichterliche Rspr. aus Januar und März 2016 hat der BGH im Oktober und Dezember 2016 bekräftigt und konkretisiert. Spätestens seit den weiteren Entscheidungen vom 25.10.2016[1] u. v. 19.12.2016[2] steht fest:

  Allein die Zins- und Tilgungszahlungen bis zum Widerruf bestimmen den Gegenstandswert.
  Auf die Formulierung der Anträge kommt es nicht an.
  Der Wert der Sicherheit wird ohne entsprechenden Antrag auf Freigabe nicht berücksichtigt.

Die Frage, ob Ansparzahlungen auf Bausparverträge bei gleichzeitig gewährten Vorausdarlehen als Tilgung zu bewerten sind, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden.

Das LG Frankenthal ging davon aus, dass Ansparzahlungen auf Bausparverträge als Tilgungsleistungen zu behandeln sind. Diese Einordnung scheint auf den ersten Blick verständlich. Schließlich sollen diese Zahlungen irgendwann mit dazu dienen, das Vorausdarlehen abzulösen.

Einer rechtlichen Prüfung vermag diese Entscheidung aber nicht standzuhalten. Bekanntlich handelt es sich bei Vorausdarlehen und Bausparverträgen um eigenständige Verträge mit zeitweise gegenteiliger "Rollenverteilung". Im Rahmen des Vorausdarlehens ist der Verbraucher dauerhaft der Darlehensnehmer. Während der Ansparphase des Bausparvertrages ist er hingegen Darlehensgeber (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2017 – XI ZR 185/16 u. XI ZR 272/16). Stellt der Verbraucher der Bausparkasse ein Darlehen zur Verfügung, kann es sich nicht gleichzeitig um Tilgungsleistungen auf einen völlig anderen Vertrag handeln.

In begrüßenswerter Klarheit hat das Pfälzische OLG der Auffassung des LG daher eine Absage erteilt. Sparzahlungen werden bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt, da sich der Gegenstandswert allein nach den Ansprüchen auf Rückzahlungen von Zins- und Tilgungsleistungen richtet. Da bei Vorausdarlehen keine Tilgungsleistungen erbracht werden, besteht kein Anspruch auf Rückzahlung. Es verbleibt – ganz einfach – bei den Zinszahlungen.

Ebenso deutlich hat es bereits das OLG Düsseldorf zu einem vergleichbaren Sachverhalt in der Entscheidung v. 7.4.2016 – I-16 W 23/16 formuliert:

 
Hinweis

"Der Kläger kann und hat die Hauptforderung zu beziffern, die er nach §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint. Das sind nach § 346 Abs. 1 Hs. 1 BGB bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschl. v. 22.9.2015 – XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn 7 m.w.N.). Ein Anspruch auf Nutzungsersatz gem. § 346 Abs. 1 Hs. 2 BGB bleibt als Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO außer Betracht. Bei der Schätzung des Werts des klägerischen Interesses ist – auch wie hier bei der Feststellungsklage – ein Abschlag nicht vorzunehmen."

Ausgehend von diesen vom BGH dargelegten Grundsätzen ist hier ein Streitwert von 270.000,00 EUR anzunehmen. Die Parteien haben übereinstimmend mitgeteilt, dass zu den streitgegenständlichen Darlehenskontonummern (…) keine Tilgung gezahlt wurde. Die zu beanspruchenden Zinsen belaufen sich bei der Darlehenskontonummer – (…) bis zum Widerruf auf 172.847,51 EUR, bei der Darlehenskontonummer – (…) bis zum Widerruf auf 97.063,53 EUR.“

Die Wertvorschriften für das gerichtliche Verfahren gelten gem. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG auch für eine außergerichtliche Tätigkeit, welche einem gerichtlichen Verfahren vorausgeht.

Ass. iur. Till Humpe, LL.M., Düsseldorf

AGS 11/2017, S. 516 - 517

[1] XI ZR 33/15; AGS 2017, 84 = WM 2016, 2299.
[2] XI ZR 539/15.

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