GKG § 52 Abs. 1; RVG § 23 Abs. 1 S. 1

Leitsatz

Für die Festsetzung des Gegenstandswerts gelten die Wertvorschriften des Gerichtskostengesetzes entsprechend, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers an einem selbstständigen Beweisverfahren gem. § 485 ZPO ist grundsätzlich – unstreitig – von dem Wert des entsprechenden Hauptsacheverfahrens auszugehen. Anlass zu einer Reduzierung mit Blick auf die unterschiedlichen Verfahrensstrukturen und eine geringere Bedeutung einzelner Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren besteht nur, wenn sich diese Umstände im konkreten Fall auf das in erster Linie maßgebliche wirtschaftliche Interesse des Rechtsschutzsuchenden auswirken.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 7.9.2017 – 3 E 624/17

1 Aus den Gründen

Der Senat entscheidet gem. § 33 Abs. 8 S. 1 Hs. 2 RVG über die Gegenstandswertbeschwerde durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da auch in erster Instanz der Berichterstatter als Einzelrichter entschieden hat, § 33 Abs. 8 S. 1 Hs. 1 RVG.

Die Gegenstandswertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nach § 33 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG, der das VG nicht abgeholfen hat, hat in vollem Umfang Erfolg.

Sie ist zulässig.

Es kann dahinstehen, ob angesichts der Nr. 5300 GKG-KostVerz. erstinstanzlich eine Streitwert- und keine bloße Gegenstandswertfestsetzung angezeigt gewesen wäre. Der Antrag auf Gegenstandswertfestsetzung und mithin die vorliegende Beschwerde bleiben statthaft, solange eine Streitwertfestsetzung nicht vorliegt, § 33 Abs. 1 S. 1 RVG.

Die Gegenstandswertbeschwerde ist auch nicht verfristet. Abweichend von der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG gilt hier für die Beschwerdeeinlegung die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO, da die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss in einer Weise irreführend ist, die geeignet ist, die Einlegung der Beschwerde nennenswert zu erschweren. Der Zusatz "gemäß § 33 Abs. 5 RVG" im ersten Satz der Rechtsmittelbelehrung ist nicht verständlich. Es ist nicht erkennbar, ob damit möglicherweise § 33 Abs. 2 S. 2 oder § 33 Abs. 3 S. 1 RVG gemeint sein soll. Durch die Stellung des unzutreffenden Zusatzes zwischen den Worten "Antragsberechtigten" und "Beschwerde" kann sowohl der Eindruck entstehen, die Beschwerde könne nicht von jedem Antragsberechtigten i.S.v. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG eingelegt werden, als auch der Eindruck, die Beschwerde sei nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der in § 33 Abs. 5 RVG geregelten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig.

Die Gegenstandswertbeschwerde ist auch begründet. Das VG hat den Gegenstandswert für das Verfahren erster Instanz unzutreffend auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Er ist vielmehr – wie mit der Beschwerde beantragt – auf die Wertstufe bis 13.000,00 EUR festzusetzen.

Für die Festsetzung des Gegenstandswerts gelten die Wertvorschriften des GKG entsprechend, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers an einem selbstständigen Beweisverfahren gem. § 485 ZPO ist grundsätzlich – unstreitig – von dem Wert des entsprechenden Hauptsacheverfahrens auszugehen. Anlass zu einer Reduzierung mit Blick auf die unterschiedlichen Verfahrensstrukturen und eine geringere Bedeutung einzelner Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren besteht nur, wenn sich diese Umstände im konkreten Fall auf das in erster Linie maßgebliche wirtschaftliche Interesse des Rechtsschutzsuchenden auswirken (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 12.7.2017 – 15 E 70/17, juris, Rn 49, und vom 16.7.2007 – 8 E 547/07, juris, Rn 2 ff. m.w.N.).

Ausgehend davon erscheint es angemessen, den Gegenstandswert für das erstinstanzliche selbstständige Beweisverfahren entsprechend dem Streitwert für das erstinstanzliche Klageverfahren – 13 K 1770/16 – festzusetzen. Jenes Verfahren ist insoweit das Hauptsacheverfahren. Die im selbstständigen Beweisverfahren aufgeworfene Beweisfrage stellt – nach der insoweit maßgeblichen Sicht der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Beantragung des selbstständigen Beweisverfahrens – den Schwerpunkt des Rechtsstreits auch in der Hauptsache dar. Anders als in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ging es ihr nicht nur um eine vorläufige Regelung, sondern um eine – wenn auch beschleunigte – endgültige rechtliche Klärung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallausgleichs in bestimmter Höhe vorliegen. Bei dieser Interessenlage wäre eine Halbierung des Streitwerts auch in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geboten (vgl. S. 2 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Für das erstinstanzliche Klageverfahren – 13 K 1770/16 – ist der...

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