ZPO §§ 3, 9; EGZPO § 26 Nr. 8
Leitsatz
Bei wiederkehrenden Leistungen, die auf Dauer und nicht nur für eine bestimmte streitige Zeit verlangt werden, ist für die Wertberechnung bei sich verändernden Jahresbeträgen auf den höchsten für die Berechnung maßgeblichen Einzelwert in den ersten dreieinhalb Jahren nach Klageerhebung abzustellen.
BGH, Beschl. v. 23.5.2017 – II ZR 169/16
1 Aus den Gründen
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gem. § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht wird. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren über 19.003,00 EUR liegt und den Wert von 20.000,00 EUR übersteigt.
a) In die Wertberechnung einzustellen ist zunächst der Zahlungsantrag i.H.v. 7.487,33 EUR. Die geltend gemachten Zinsen bleiben gem. § 4 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt.
b) In die Wertberechnung einzustellen ist des Weiteren ein Betrag von gerundet 11.516,00 EUR als Teilbetrag von 19.003,00 EUR. Nur dieser Teilbetrag ist infolge darüber hinaus bestehender wirtschaftlicher Identität des Antrages auf Absicherung der Versorgungsansprüche mit dem Zahlungsantrag gem. § 5 ZPO zu dessen Wert zu addieren.
aa) Der Antrag auf Absicherung der Versorgungsansprüche der Klägerin gegen das Risiko der Insolvenz durch Abschluss einer Rückdeckungsversicherung der Klägerin, die Versicherungsleistung aus dieser Versicherung einschließlich Zusatzversicherungen zu verpfänden und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber Dritten abzugeben, ist mit gerundet 19.003,00 EUR zu bewerten. Diese Wertberechnung ergibt sich aus §§ 3, 9 Abs. 1 ZPO. Bei der Wertbemessung nach § 3 ZPO ist die Wertung des § 9 Abs. 1 ZPO heranzuziehen. Es handelte sich bei den abzusichernden Versorgungsansprüchen der Klägerin um wiederkehrende Leistungen, die auf Dauer und nicht nur für eine bestimmte streitige Zeit verlangt werden. Maßgebend ist deshalb für die Wertberechnung der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezugs. Auszugehen ist dabei grundsätzlich von den ersten zwölf Monaten nach Klageerhebung (Wöstmann, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 9 Rn 9; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn 5; Gehle, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn 7).
Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich nach der Pensionszusage die laufenden Rentenleistungen um 1 % jährlich nach Ablauf eines Jahres und im Folgenden jedes Jahr neu erhöhen. Bei sich verändernden Jahresbeträgen ist auf den höchsten Betrag in der streitigen Zeit abzustellen (BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16 Rn 10 ff. zu § 8 ZPO [= AGS 2006, 143; RGZ 160, 83, 86 zu § 9 ZPO a.F.; Wöstmann, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 9 Rn 9; Gehle, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn 7; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn 5). Bezüglich des höchsten einzustellenden Jahreswerts kommt es dabei bei Rechten, bei denen kein Endzeitpunkt bestimmt ist, auf den gem. § 9 Abs. 1 ZPO zu betrachtenden Zeitraum an (vgl. RG JW 1899, 1 Nr. 3 zu § 9 ZPO a.F., sich dem anschließend RGZ 160, 83, 86; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 9 Rn 10). Diese Auslegung des § 9 Abs. 1 ZPO wird durch seinen Zweck gerechtfertigt. § 9 ZPO schreibt im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Streitwertfestsetzung eine normative Bemessung vor (Wöstmann, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 9 Rn 1; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn 1; Gehle, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn 1). Bei natürlichen Personen würde andernfalls – was die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall geltend gemacht hat – die Notwendigkeit bestehen, unter Heranziehung von Sterbetafeln den höchsten Wert zu ermitteln. Soweit z.B. anspruchsberechtigt eine Gesellschaft ist, würde eine sinnvolle Streitwertfestsetzung sogar gänzlich unmöglich werden. Dementsprechend ist die Wertbemessung im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin nicht nach dem Durchschnittswert und auch nicht nach dem höchsten, unter Berücksichtigung einer Sterbetafel letzten heranzuziehenden Monatswert in ferner Zukunft festzusetzen. Einzustellen ist vielmehr der Betrag von 452,45 EUR (439,14 EUR zuzüglich dreimaliger 1 %-iger Erhöhung) monatlich.
bb) Da die Klägerin mit ihrem Antrag auf Absicherung und Verpfändung im Ergebnis den Erhalt der Rente sicherstellen will, kann ihr entsprechender Antrag nicht höher bewertet werden als ein entsprechender Zahlungsantrag selbst. Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 6 S. 1 ZPO.
cc) Zu dem Zahlungsantrag konnte der Betrag von 19.003,00 EUR jedoch nicht vollständig addiert werden, da im Hinblick auf die Höhe des Zahlungsantrags insoweit eine wirtschaftliche Identität besteht, die einer Zusammenrechnung entgegensteht. Dabei ist im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde davon auszugehen, dass der Sicherungsantrag auch den Zeitraum erfasst, für den der Zahlungsantrag gestellt worden ist. Jedenfalls lässt sich dem Antrag selbst eine Einschränkung nicht entnehmen. Eine solche ist auc...