RVG § 11 Abs. 3 S. 2; SGG § 197 Abs. 2

Leitsatz

Die Beschwerde ist gegen Entscheidungen des Sozialgerichts über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten nicht statthaft. Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann nach § 11 Abs. 3 S. 2 RVG binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden. Dieses entscheidet nach § 197 Abs. 2 SGG endgültig. Die Vorschrift regelt abschließend das Verfahren der Festsetzung der Kosten im Verhältnis der Beteiligten zueinander.

LSG Thüringen, Beschl. v. 16.4.2018 – L 1 SF 714/17 B

1 Aus den Gründen

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG ist nicht statthaft.

Gegen Entscheidungen des SG über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten ist die Beschwerde nicht statthaft. Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das LSG statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Das ist hier der Fall, denn nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des ersten Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts dessen Vergütung fest. Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann nach § 11 Abs. 3 S. 2 RVG (danach gelten "die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend" mit der Folge, dass § 197 SGG Anwendung findet) binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet (§ 197 Abs. 2 SGG). Die Vorschrift regelt abschließend das Verfahren der Festsetzung der Kosten im Verhältnis der Beteiligten zueinander (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 197 Rn 10) und verdrängt nach ganz h.M. (vgl. u.a. LSG Thüringen, Beschl. v. 2.12.2015 – L 6 SF 1405/15 B, v. 11.6.2014 – L 6 SF 549/14 B u. v. 30.9.2013 – L 6 SF 1481/13 B; Bayerisches LSG, Beschl. v. 7.8.2014 – L 15 SF 146/14 E m.w.N. [= AGS 2015, 97]; Sächsisches LSG, Beschl. v. 6.9.2013 – L 8 AS 1509/13 B KO m.w.N. [= AGS 2014, 92], alle nach juris) als lex specialis § 172 Abs. 1 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen sind weder direkt noch analog ersichtlich. Eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit gilt nur für statthafte Verfahren (vgl. BGH, Beschl. v. 3.3.2014 – IV ZB 4/14 m.w.N.; BFH, Beschl. v. 15.2.2008 – II B 84/07; Bayerisches LSG, Beschl. v. 7.8.2014 – L 15 SF 146/14 E [= AGS 2015, 97]).

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, weil mit Nr. 7504 GKG-KostVerz. eine streitwertunabhängige Festgebühr von 60,00 EUR vorgesehen ist.

2 Anmerkung

Die Entscheidung ist zutreffend. Dieser Fall hat mit § 1 Abs. 3 RVG nichts zu tun, weil im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RVG die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung für das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend anzuwenden sind. Dies gilt nach § 11 Abs. 3 S. 2 RVG auch für die Erinnerungsverfahren. Das RVG regelt Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse damit nicht selbst, sondern verweist auf die entsprechenden Verfahrensordnungen. Je nach Verfahrensordnung sind also die Rechtsbehelfe in Vergütungsfestsetzungsverfahren unterschiedlich ausgestaltet. Sehen die entsprechenden Verfahrensordnungen – wie hier – ausschließlich die Erinnerung und keine Beschwerde vor, dann gilt dies auch für das Vergütungsfestsetzungsverfahren.

Soweit das Gericht Kosten erhoben und darauf abgestellt hat, dass hier eine nicht statthafte Beschwerde vorliegt, ist dies in der Begründung unzutreffend. Beschwerden in Vergütungsfestsetzungsverfahren sind nämlich immer kostenpflichtig. Dies folgt aus § 1 Abs. 4 GKG, wonach Kosten nach dem GKG auch für Verfahren über eine Beschwerde erhoben werden, die mit einem der in § 1 Abs. 1 bis 3 GKG genannten Verfahren in Zusammenhang steht. Um ein solches Verfahren handelt es sich gerade bei dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG. Darauf, ob die Beschwerde statthaft war oder nicht, kam es also gar nicht an.

Norbert Schneider

AGS 11/2018, S. 501

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