FamFG § 113 Abs. 1, 249, 255; ZPO §§ 114 Abs. 2, 115
Leitsatz
- Dem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind steht es frei, zur Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs gegen den barunterhaltsverpflichteten Elternteil das vereinfachte Verfahren oder das Antragsverfahren zu betreiben, weshalb ihm für beide Verfahrensarten ein Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zusteht.
- Der auf Verfahrenskostenhilfe angewiesene Unterhaltsberechtigte verhält sich nicht mutwillig i.S.d. § 114 Abs. 2 ZPO, wenn er seinen Unterhaltsanspruch mittels Leistungsantrags verfolgt, obwohl der Unterhaltsverpflichtete auf sein außergerichtliches Auskunfts- oder Zahlungsverlangen nicht reagiert hat. Allein die Nichtreaktion auf außergerichtliche Anfragen würde einen nicht auf Verfahrenskostenhilfe angewiesenen Unterhaltsgläubiger nicht dazu veranlassen, seinen Unterhaltsanspruch vernünftigerweise nun nur noch im vereinfachten Verfahren geltend zu machen.
OLG Bremen, Beschl. v. 18.5.2018 – 4 WF 24/18
1 Sachverhalt
Bei der Antragstellerin handelt es sich um die 8-jährige Tochter des Antragsgegners, die die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten begehrt, um gegen den Antragsgegner ein Verfahren auf Mindestkindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle betreiben zu können. Die Antragstellerin, die bei ihrer Mutter lebt, hat den Antragsgegner zuvor zur Auskunft über sein Einkommen aufgefordert, worauf er nicht reagiert hat.
Das FamG hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Verfahrenskostenhilfebewilligung bestünden, da die Antragstellerin den Unterhalt einfacher und kostengünstiger im vereinfachten Unterhaltsverfahren gem. § 249 FamFG geltend machen könne. Die Antragstellerin hat daraufhin vorgetragen, ihr Antrag auf Verfahrenskostenbewilligung sei nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, da ihr die Wahl offenstehe, ob sie das vereinfachte Verfahren oder das Klageverfahren betreibe. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren sei insbesondere dann, wenn eine Mangelfallberechnung durchzuführen sei, wie wahrscheinlich im vorliegenden Fall, unpraktikabel. Angesichts dessen, dass der Gesetzgeber dem Unterhaltsgläubiger die Wahl des Verfahrens zur Geltendmachung seines Unterhaltsanspruches überlassen habe, würde diese Wahlmöglichkeit unterlaufen, wenn bedürftige Menschen sich für das vereinfachte Verfahren entscheiden müssten. Dies wäre eine sachwidrige Ungleichbehandlung.
Ohne zuvor den Verfahrenskostenhilfeantrag an den Antragsgegner mit Gelegenheit zur Stellungnahme zu übersenden, hat das FamG den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Die Antragstellerin könne ihre Interessen im vereinfachten Unterhaltsverfahren gem. § 249 FamFG geltend machen, weshalb das beabsichtigte Betreiben des Klageverfahrens mutwillig sei. Anhaltspunkte für Einwendungen des Antragsgegners, die nicht im vereinfachten Verfahren abschließend behandelt werden könnten, bestünden nicht.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie wiederholt hierin ihre dargelegte Auffassung und führt weiter aus, bislang habe der Kindesvater keinen Unterhalt gezahlt und außergerichtlich stets erklärt, dass er nicht leistungsfähig sei.
Das FamG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Dem Antragsgegner ist daraufhin durch das Beschwerdegericht unter Übersendung des Verfahrenskostenhilfeantrags, der amtsgerichtliche Beschluss sowie der Beschwerdeschrift Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Antragsgegner hat keine Stellungnahme abgegeben.
2 Aus den Gründen
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Der Antragstellerin ist ratenfreie Verfahrenskostenhilfe im tenorierten Umfang zu bewilligen (§ 113 Abs. 1 FamFG, §§ 114, 115 ZPO).
a) Die Antragstellerin hat ihre Verfahrenskostenhilfebedürftigkeit durch Vorlage der von ihrer Mutter ausgefüllten Erklärung gem. § 117 Abs. 2 ZPO hinreichend belegt. Es fehlt auch nicht an der Erfolgsaussicht des gegen den Kindesvater beabsichtigten Unterhaltsverfahrens. Der Antragsgegner zahlt bislang keinerlei Unterhalt an die Antragstellerin, obwohl diese gem. §§ 1601, 1602, 1610, 1612, 1612a, 1612b BGB als unterhaltsbedürftige Minderjährige grds. einen Anspruch auf Kindesunterhalt gegen ihn hat. Auch auf die außergerichtliche Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, mit der der Antragsgegner zur Vorlage seiner Einkommensnachweise für den Zeitraum von August 2016 bis August 2017 aufgefordert worden ist, um einen Kindesunterhaltsanspruch prüfen zu können, hat er nicht reagiert. Dass der Antragstellerin daher nicht bekannt ist, über welche Einkünfte der Antragsgegner verfügt, ist für den beabsichtigten Antrag auf Verpflichtung zur Zahlung von Mindestunterhalt nicht maßgeblich. Denn in Höhe des Mindestunterhalts wird ihr Bedarf vermutet, so dass es diesbezüglich keiner weiteren Darlegungen bedarf. Gleiches gilt für die Leistungsfä...