VVG § 125 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2
Leitsatz
Das Schadensabwicklungsunternehmen eines Rechtsschutzversicherers ist auch dann passiv prozessführungsbefugt gem. § 126 Abs. 2 S. 1 VVG, wenn der Versicherungsnehmer Deckungsschutz im Wege eines auf "Quasideckung" gerichteten Schadensersatzanspruchs begehrt.
BGH, Urt. v. 11.7.2018 – IV ZR 243/17
1 Sachverhalt
Der Kläger begehrt von dem beklagten Versicherer Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei Abschluss einer den Grundstücksrechtsschutz nicht abdeckenden Rechtsschutzversicherung.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und zusammen mit seiner Ehefrau hälftiger Miteigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts führte der Kläger im Jahr 1993 ein selbstständiges Beweisverfahren gegen ein Energieunternehmen wegen Rissbildung am Haus infolge unsachgemäßer Verfüllung eines Grabens nach Verlegung von Rohrleitungen. Die Kosten des Verfahrens trug der seinerzeitige Versicherer des Klägers, bei dem er bis zum Wechsel zur Beklagten eine Rechtsschutzversicherung unterhielt, die unter anderem das Risiko "Grundstücksrechtsschutz" abdeckte.
Im Jahr 2005 führte der Kläger Gespräche mit einem Mitarbeiter der Beklagten mit dem Ziel eines Versicherungswechsels. Er schloss im September 2005 bei dieser neben anderen Versicherungen auch eine Rechtsschutzversicherung mit Versicherungsbeginn zum 16.9.2005 ab. Versichert war danach der "Optimal-Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz für Nichtselbstständige" gem. § 26 Abs. 9 der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Beklagten (ARB). Nicht abgedeckt war darin – vom Kläger zunächst unbemerkt – das Risiko "Grundstücksrechtsschutz" nach § 29 Abs. 1 und 2 ARB. Der Versicherungsschein enthält auf Seite 3 den Hinweis:
"Die Schadenregulierung erfolgt für die A. Versicherungs-AG [Versicherer] durch die A. Rechtsschutz-Service GmbH [Schadensabwicklungsunternehmen]:"
…“
Im September 2009 stellte der Kläger erneute Rissbildung am Haus fest. Mit Schreiben vom 24.1.2012 meldete er deswegen gegenüber dem Energieunternehmen im eigenen Namen und im Namen seiner Ehefrau Ansprüche an und forderte es zur Anerkennung der Haftung dem Grunde nach auf. Mit Schreiben vom selben Tag, gerichtet an die "A. Rechtsschutz Vers. AG – Abt. Schaden – … B.", bat er in der Angelegenheit um Deckungszusage für seine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit gegenüber dem Energieunternehmen.""
Die A. Rechtsschutz-Service GmbH (im Folgenden: Schadensabwicklungsunternehmen) teilte dem Kläger mit Schreiben v. 26.1.2012 mit, der zwischen ihm und der Beklagten geschlossene Vertrag umfasse nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Grundstückseigentum und Miete; eine Leistung in der gemeldeten Angelegenheit könne deshalb nicht erbracht werden. Nach weitergehender Korrespondenz zwischen dem Kläger und dem Schadensabwicklungsunternehmen verblieb dieses mit Schreiben v. 2.8.2012 bei der Versagung des Versicherungsschutzes.
Auf Antrag des Klägers versicherte die Beklagte gem. Versicherungsschein v. 26.9.2012 mit Wirkung ab dem 29.8.2012 auch den Rechtsschutz für Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Grundstücken gem. § 29 Abs. 1 und 2 ARB.
Der Kläger beruft sich auf eine Pflichtverletzung der Beklagten bei Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages. Mit Klageschrift v. 29.12.2015 hat er zunächst die Feststellung begehrt, die Beklagte habe ihm für die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gegen das Energieunternehmen Deckungsschutz zu gewähren. Den in der mündlichen Verhandlung v. 4.11.2016 gestellten Hauptantrag auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämtlicher Schäden, die dem Kläger aus der unterbliebenen Absicherung des Risikos "Grundstücksrechtsschutz" bis 28.8.2012 entstanden sind (Antrag zu 1), hat das LG als unzulässig abgewiesen. Die hilfsweise gestellten Anträge auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten (Antrag zu 2), hierzu hilfsweise auf deren Verurteilung zur Gewährung von bedingungs- und tarifgemäßem Deckungsschutz für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen das Energieunternehmen (Antrag zu 2a), jeweils mit einem vorläufigen Gegenstandswert von 50.000,00 EUR, sowie daneben hilfsweise auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum weitergehenden Schadensersatz (Antrag zu 3) hat das LG als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Maßgabe weiter, dass er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, das Schadenabwicklungsunternehmen anzuweisen, dem Kläger tarifgemäßen Deckungsschutz für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen das Energieunternehmen zu gewähren. Die bisherigen Anträge aus dem Berufungsverfahren verfolgt der Kläger hilfsweise weiter, ergänzend hilfsweise den mit der Klageschrift gestellten Antrag.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
I. Das...