GKG § 45 Abs. 3 u. 4; GKG-KostVerz. Nr. 1900
Leitsatz
- Hilfsweise im Prozess zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen erhöhen den Wert der Hauptsache nur bis zur Höhe der Klagforderung, weil auch nur insoweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergehen kann (§ 45 Abs. 3 GKG).
- Die Erhöhung des Wertes der Hauptsache durch einen gerichtlichen Vergleich hat erhöhte Gerichts- und Anwaltskosten zur Folge (gerichtliche Vergleichsgebühr gem. Nr. 1900 GKG-KostVerz.; Anwaltskosten: Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV sowie Termindifferenzgebühr gem. Nr. 3104 VV). Diese Gebühren bemessen sich stets nach dem den Wert der Hauptsache übersteigenden Betrag.
- Der Umfang der Kostenerstattung richtet sich bei einem gerichtlichen Vergleich immer nach dem Inhalt der Vereinbarung. Wenn die Parteien die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben haben, sind die allein durch den Vergleich entstandenen anwaltlichen Mehrkosten (dazu gehören auch die Verfahrens- und Termindifferenzgebühr) nicht im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattungsfähig. Die vorgenannte Kostenregelung ist regelmäßig dahin auszulegen ist, dass die etwaigen durch Verhandlungen über nicht rechtshängige Ansprüche (aus dem Mehrwert des Vergleichs) verdienten anwaltlichen Gebühren bzw. Gebührenerhöhungen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind.
OLG Schleswig, Beschl. v. 19.6.2018 – 7 W 19/18
1 Aus den Gründen
Die von dem Prozessbevollmächtigen der Klägerin aus eigenem Recht erhobene Streitwertbeschwerde ist gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 GKG zulässig.
Die Streitwertbeschwerde ist jedoch – bis auf die formale Fassung des Beschlusstenors – in der Sache unbegründet.
1. Zu Recht hat das LG den Wert der Hauptsache mit dem teilweise Abhilfebeschluss auf 130.000,00 EUR festgesetzt. Dieser Wert ergibt sich aus der Klagforderung i.H.v. 65.000,00 EUR und den hilfsweise zur Aufrechnung erklärten Gegenforderungen der Beklagten (30.293,31 EUR + 58.302,75 EUR). Die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen erhöhen den Wert der Hauptsache jedoch nur bis zur Höhe der Klagforderung, weil auch nur insoweit eine der rechtskraftfähige Entscheidung über sie ergehen kann (§ 45 Abs. 3 GKG). Der Streitwert ergibt sich mithin aus einer Addition von Klagforderung und den zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bis zur Höhe der Klagforderung (2 x 65.000,00 EUR).
2. Der Wert des Vergleichs übersteigt den Wert der Hauptsache um bis zu 40.000,00 EUR. Die Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV bemisst sich mithin nach einem Wert von bis zu 170.000,00 EUR.
Infolge der Erhöhung des Wertes der Hauptsache durch den gerichtlichen Vergleich erhöhen sich auch die Gerichtsgebühren (Besondere Gebühr gem. Nr. 1900 GKG-KostVerz.).
Die Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV sowie die Termindifferenzgebühr gem. Nr. 3104 Abs. 2 VV bemessen sich nach dem den Wert der Hauptsache übersteigenden Betrag (hier: 40.000,00 EUR).
Der Umfang der Kostenerstattung richtet sich allerdings nach der Vereinbarung der Parteien im Vergleich. Da hier die Parteien die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben haben, sind die allein durch den Vergleich entstandenen Mehrkosten (mithin auch die Verfahrens- und Termindifferenzgebühr) nicht im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattungsfähig. Das Beschwerdegericht schließt sich der einhelligen obergerichtlichen Rspr. an (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.7.2017 – 8 W 222/17, NJW-RR 2017, 1151 m.w.N. Rn 9 [= AGS 2017, 435]), wonach eine Vereinbarung, mit der die Kosten eines Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden, regelmäßig dahin auszulegen ist, dass die etwaigen durch Verhandlungen über nicht rechtshängige Ansprüche (aus dem Mehrwert des Vergleichs) verdienten anwaltlichen Gebühren bzw. Gebührenerhöhungen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind. Die durch die Vergleichsverhandlungen über nicht streitgegenständliche Ansprüche entstehenden anwaltlichen Mehrkosten sind nämlich nicht Kosten des Rechtsstreits und können daher in der Regel auch nicht nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden.
2 Anmerkung
Zu Leitsatz 1:
Hinsichtlich einer Hilfsaufrechnung gilt nach § 45 Abs. 3 GKG Folgendes:
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Weist das Gericht die Klage ab, ohne dass es über die Hilfsaufrechnung entscheidet, bleibt es bei dem Wert der Klageforderung. |
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Entscheidet das Gericht über die Hilfsaufrechnung, so erhöht sich der Streitwert um den Wert der Hilfsaufrechnung, soweit eine rechtskraftfähige Entscheidung hierüber ergeht. |
Beispiel
Eingeklagt sind 10.000,00 EUR. Der Beklagte bestreitet die Forderung und rechnet mit einer Gegenforderung auf i.H.v.
a) 8.000,00 EUR
b) 15.000,00 EUR.
Das Gericht weist die Klage ab.
Die Hilfsaufrechnung ist irrelevant. Der Streitwert beträgt 10.000,00 EUR.
Abwandlung
Das Gericht geht von der Begründetheit der Klage aus und entscheidet über die Hilfsaufrechnung.
Nunmehr ist der Wert der Hilfsaufrechnung nach § 45 Abs. 3 GKG zu addieren.
Im Fall a) ergibt sich damit ein Streitwert i.H.v. 8.000,00 EUR.
Im Fall b) ergibt sich ein Strei...