RVG § 43
Leitsatz
Die Abtretung des Kostenerstattungsanspruch gegen die Landeskasse kann auch in einer Vollmachtsurkunde erfolgen.
LG Köln, Beschl. v. 13.8.2019 – 323 Qs 87/19
1 Aus den Gründen
Die gem. den §§ 46 OWiG, 464b S. 3 StPO, § 104 Abs. 3 S.1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPfIG statthafte und auch i.Ü. zulässig erhobene sofortige Beschwerde gegen den, die Kostenfestsetzung zugunsten des Beschwerdeführers ablehnenden Beschluss des AG hat überwiegend Erfolg.
I. Entgegen der Ansicht von AG und Bezirksrevisorin bestehen im konkreten Fall keine Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Beschwerdeführers. Insofern hat der Betroffene als Gläubiger der Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Staatskasse diese wirksam gem. § 398 S. 1 BGB an den Beschwerdeführer abgetreten.
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens die von dem Betroffenen unterzeichnete "Vollmacht" wegen "VOWi vom 24.4.2018" vorgelegt, in welcher sich unter Nr. 1 am Ende in Fettdruck der Passus befindet "Zukünftige Kostenerstattungsansprüche werden unwiderruflich an die oben genannten Rechtsanwälte zur Sicherung deren jeweiliger Honoraransprüche abgetreten."
Aus objektiver Sicht des Erklärungsempfängers – hier des Beschwerdeführers – handelt es sich gem. den §§ 133, 157 BGB dabei um ein Abtretungsangebot künftiger Kostenerstattungsansprüche, welche dieser auch nach seinem Vorbringen angenommen hat. Einer Unterschrift des Beschwerdeführers unter die Vollmachtsurkunde bedarf es gem. § 151 S. 1 BGB zur Annahme dabei nicht. Es bestehen weiterhin auch keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Abtretungserklärung. Insofern ist die Vorausabtretung künftiger Ansprüche allgemein anerkannt, soweit diese so beschrieben ist, dass sie spätestens bei ihrer Entstehung nach Gegenstand, Umfang und Person des Schuldners bestimmbar ist. Insofern war es dem Betroffenen und dem Beschwerdeführer aufgrund der Bezeichnung als "VOWi vom 24.4.2018" klar, aus welchem künftigen Bußgeld- und Gerichtsverfahren ein solcher Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse folgen würde. Dass es insofern Unklarheiten zwischen den Vertragsparteien gegeben hätte, ist nicht erkennbar.
Schließlich verstößt die verwendete Formularklausel auch nicht gegen § 305c BGB, als sie überraschend wäre. Insofern geht § 43 RVG ausdrücklich davon aus, dass der Betroffene seinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten als notwendige Auslagen an letzteren abtreten kann. Eine solche Abtretung ist damit jedoch nicht so ungewöhnlich, dass der Betroffene mit einer solchen Abtretungsklausel nicht rechnen müsste. Dies gilt im konkreten Fall auch für die Aufnahme der Abtretungsklausel in die Vollmachtsurkunde. Den teilweise erhobenen Bedenken dahingehend, dass innerhalb einer einseitigen Vollmachtserteilung ein Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrags versteckt würde, wurde hier dadurch begegnet, dass diese Passage im Fettdruck hervorgehoben wurde. Aufgrund dieser konkreten Gestaltung ist daher davon auszugehen, dass der Inhalt der Klausel für den Betroffenen erkennbar und daher nicht überraschend war (so auch etwa OLG Rostock, Beschl. v. 30.4.2018 – 20 Ws 78/18 [= AGS 2018, 330]; OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.3.2015 – 2 Ws 426/14 [= AGS 2015, 274]; Meyer/Kroiß-Kroiß, RVG, 7. Aufl., 2018, § 43 Rn 7; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 23. Aufl., 2017, § 43 Rn 12; Riedel/Sußbauer/Kremer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 43 Rn 10; Hartung/Schons/Enders/Hartung, RVG, 3. Aufl., 2017, § 43 Rn 18).
entnommen von www.burhoff.de
2 Anmerkung
Was daran überraschend sein soll, dass ein Verteidiger sein Geld haben will, ist nicht nachvollziehbar.
Auch eine Benachteiligung des Mandanten kann in einer solchen Abtretung nicht liegen. Die Abtretung greift ja nur für den Fall, dass der Mandant die Vergütung noch nicht bezahlt hat. Dann hat er aber kein schützenwertes Interesse, die Kostenerstattung einzuziehen, ohne seinen Verteidiger zu bezahlen.
Hinweis
In Anbetracht der zum Teil nicht nachvollziehbaren Rechtsprechung der Instanzen ist ein Verteidiger ungeachtet dessen gut beraten, die Abtretung stets in einer gesonderten Erklärung zu vereinbaren und im Original mit beiden Unterschriften des Anwalts und des Mandanten zur Gerichtsakte zu reichen.
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 11/2019, S. 504