RVG VV Nrn. 7003 ff.; ZPO § 91
Leitsatz
Beauftragt ein Beteiligter einen Rechtsanwalt außerhalb des Gerichtsbezirks, dessen Hinzuziehung als solche nicht notwendig ist, sind dessen Reisekosten jedoch insoweit erstattungsfähig, als sie bei einem Anwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks angefallen wären.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.8.2019 – 9 WF 84/19
1 Sachverhalt
Vor dem FamG Prenzlau hatten die Beteiligten über einen Zahlungsantrag i.H.v. 23.000,00 EUR gestritten. Die Kosten des Rechtsstreits waren zu 61 % dem Antragsteller und zu 39 % der Antragsgegnerin auferlegt worden. Die am Gerichtsort wohnende Antragsgegnerin hatte mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks hatte. Dessen Reisekosten hatte im Rahmen der Kostenausgleich angemeldet. Das Gericht hat die Reisekosten der Antragsgegnerin unberücksichtigt gelassen und dies damit begründet, die am Ort des Gerichts ansässige Antragsgegnerin hätte einen ortsansässigen Anwalt beauftragen können, sodass keine Reisekosten angefallen wären. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Auf der anderen Seite rügt die Antragsgegnerin allerdings – im Ergebnis – zu Recht, dass die ihrer Verfahrensbevollmächtigten entstandenen Reisekosten überhaupt nicht in die Kostenausgleichung eingeflossen sind.
Richtig ist zwar, dass die unbestritten am Ort des Prozessgerichts wohnhafte Antragsgegnerin unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten nicht berechtigt gewesen ist, für die Führung des zugrunde liegenden Familienstreitverfahrens vor dem AG Prenzlau eine in N und damit außerhalb des Landes Brandenburg ansässige Rechtsanwaltskanzlei einzuschalten.
Ist danach die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. HS ZPO, führt dies allerdings lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung von bezirksansässigen Verfahrensbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts sind deshalb jedenfalls insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn der Beteiligte einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte (vgl. dazu BGH Rpfleger 2018, 568 [= AGS 2018, 319] u. 2019, 225 [= AGS 2019, 42]).
Demzufolge kann die Antragsgegnerin die mit tatsächlich 42,00 EUR für jeden der beiden Termine entstandenen Reisekosten ihrer Verfahrensbevollmächtigten zumindest in Höhe der fiktiven Reisekosten eines im Bezirk des AG Prenzlau niedergelassenen Rechtsanwalts für die größtmögliche Entfernung zum AG Prenzlau erstattet verlangen. Der Senat hat unter Heranziehung eines Routenplaners die größtmögliche Entfernung mit ca. 45 km zwischen Lychen und Prenzlau ermittelt.
Auf Seiten der Antragsgegnerin sind danach Fahrtkosten von insgesamt 54,00 EUR (= 2 x 45 km x 0,30 EUR x 2 Termine) anstatt der angemeldeten 84,00 EUR zu berücksichtigen und sodann unter Hinzusetzung des (unverändert jeweils 25,00 EUR betragenden) Abwesenheitsgeldes, der Termins- und Verfahrensgebühr, der Postpauschale und der Mehrwertsteuer insgesamt 2.491,86 EUR in die Kostenausgleichung einzustellen.
AGS 11/2019, S. 534 - 535