VwGO §§ 165 S. 2, 151, 172; RVG § 25 Abs. 1 Nr. 3
Leitsatz
Der Gegenstandswert eines Vollstreckungsverfahrens nach § 172 VwGO bestimmt sich nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger (Kläger des Ausgangsverfahrens) hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Dieser Wert ist zu schätzen und entspricht regelmäßig dem Wert des zugrundeliegenden Erkenntnisverfahrens.
VG München, Beschl. v. 30.8.2019 – M 22 M 19.32599
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin (vormals: Beklagte) war mit rechtskräftigem Urteil verpflichtet worden, dem Antragsgegner (vormals: Kläger) unter teilweiser Aufhebung ihres vorangegangenen Bescheids die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Da die Antragstellerin dem vorbezeichneten Urteil in der Folge nicht nachgekommen war, beantragte der Antragsgegner die Vollstreckung aus dem Urteil nach § 172 VwGO. Das Vollstreckungsverfahren wurde nach Erlass des begehrten Bescheides übereinstimmend für erledigt erklärt und eingestellt; die Kosten dieses Verfahrens wurden der Antragstellerin auferlegt.
Auf Antrag der Bevollmächtigten des Antragsgegners setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss insgesamt 129,80 EUR notwendige Aufwendungen gegenüber der Antragstellerin fest. Die Festsetzung basierte auf folgenden Angaben der Bevollmächtigten des Antragsgegners:
Gegenstandswert: 5.000,00 EUR |
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0,3-Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV |
90,90 EUR |
Postpauschale 7002 VV |
18,18 EUR |
19% Mehrwertsteuer |
20,72 EUR |
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129,80 EUR |
Hiergegen beantragte die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung wird im Wesentlichen angegeben, Streitgegenstand des Vollstreckungsverfahrens sei die Androhung eines Zwangsgeldes mit dem Ziel, dass die Vollstreckungsschuldnerin ihrer Verpflichtung aus dem zugrunde liegenden Urteil nachkomme. Gem. Ziffer 1.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit betrage der Gegenstandswert in selbstständigen Vollstreckungsverfahren lediglich 1/4 des Wertes der Hauptsache, vorliegend demgemäß 1.250,00 EUR und nicht 5.000,00 EUR. Das Begehren sei weder von der Bedeutung für den Vollstreckungsgläubiger noch vom Aufwand für den Prozessbevollmächtigten vergleichbar mit einer Sachentscheidung durch das Gericht.
Der Antragsgegner bringt vor, es gebe keinen Grund, den Gegenstandswert vorliegend herabzusetzen, da im Rahmen der Zwangsvollstreckung ohnehin nur eine 0,3-Gebühr geltend gemacht werden könne.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn dem Gericht zur Entscheidung vor.
2 Aus den Gründen
Über die Erinnerung entscheidet das Gericht in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845, juris Rn 10), hier also durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
1. Die gem. § 165 S. 2 VwGO i.V.m. § 151 VwGO statthafte und auch i.Ü. zulässige Kostenerinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zutreffend der – vorliegend allein streitige – Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG zugrunde gelegt (5.000,00 EUR).
2. Bei einem Vollstreckungsverfahren nach §§ 167 ff. VwGO erhält der beauftragte Rechtsanwalt nach Nr. 3309 VV eine 3/10-Vollstreckungsverfahrensgebühr (sowie ggfs. eine 3/10-Vollstreckungsterminsgebühr nach Nr. 3310 VV). Der Gebührensatz bezieht sich dabei auf den Gegenstandswert (vgl. § 13 RVG), der sich bei einer Vollstreckung nach § 172 VwGO nach dem Wert bestimmt, den die zu erwirkende Handlung (Erlass des Anerkennungsbescheides) für den Gläubiger (Kläger des Ausgangsverfahrens) hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Dieser Wert ist zu schätzen und entspricht regelmäßig dem Wert des zugrundeliegenden Erkenntnisverfahrens, hier also nach Maßgabe der Regelung des § 30 Abs. 1 S. 1 RVG einem Betrag von 5.000,00 EUR. Das wirtschaftliche Interesse im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren ist im vorliegenden Fall eines Verpflichtungsausspruchs hinsichtlich einer zuerkannten materiell-rechtlichen Rechtsposition in einem Gerichtsurteil in einer Asylstreitigkeit nicht gegenüber dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren gemindert. Denn solange der gerichtliche Verpflichtungsausspruch im Nachgang nicht als Bescheid durch die Behörde der unterliegenden Beklagten umsetzt wird, aber erst an dessen Existenz nachfolgend andere (positive) Wirkungen wie z.B. die Erteilung eines Aufenthaltstitels mit Beschäftigungserlaubnis durch die Ausländerbehörde geknüpft werden, ist das wirtschaftliche Interesse im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren gegenüber dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren schlechterdings nicht gemindert (vgl. hierzu VG München, Beschl. v. 11.6.2019 – M 7 M 19.30323, juris Rn 20; überzeugend auch OVG NRW, Beschl. v. 11.8.2010 – 8 E 555/10; VGH Baden Württemberg, Beschl. v. 12.7.2000 – 13 S 352/00, juris Rn 3 und Hessischer VGH, Beschl. v. 26.3.1999 – 11 TM 3406/98, 11 TM 4200/ 98, juris Rn 32; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. Ergänzungslieferung Februar 2019, § 172 Rn 61 mit Fn. 191).
Der Gegenauffassung, wonach für die Vollstreckung...