1. Automatische Erstreckung von PKH/VKH-Bewilligung
Rspr. und Lit. gehen davon aus, dass eine erfolgte PKH-/VKH-Bewilligung automatisch auch die Erstattung der notwendigen Reisekosten der mittellosen Person mitumfasst. Dies wird insbesondere damit begründet, dass die mittellose Person mit der PKH-/VKH-Bewilligung ohne Weiteres einen grundsätzlichen Anspruch auf Erstattung der Reiseentschädigung erwirbt, da es sich bei der Reiseentschädigung um gerichtliche Auslagen handele, welche in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO von der befreienden Wirkung der PKH/VKH mitumfasst seien. Folglich bedürfe es auch keiner ausdrücklichen oder gesonderten gerichtlichen Entscheidung mehr und auch eine ausdrückliche Bewilligung in der PKH-/VKH-Entscheidung sei nicht erforderlich.
Die Verwaltungsvorschriften lassen die Frage hingegen unbeantwortet und verweisen in Nr. 1 S. 5 VwV Reiseentschädigung lediglich darauf, dass die Vorschriften über die PKH/VKH unberührt bleiben. Aufgrund der in Rspr. und Lit. bestehenden (überwiegenden) Auffassung und der ihr zugrundeliegenden Begründung wird jedoch davon auszugehen sein, dass es keiner besonderen Bewilligung der Reiseentschädigung bedarf, wenn bereits PKH/VKH bewilligt wurde. In jedem Fall muss die Reiseentschädigung aber geltend gemacht werden, da das Gericht auch bei einer automatischen Erstreckung von PKH/VKH auf die Reiseentschädigung nicht von Amts wegen die Reisekosten ermittelt und erstattet.
2. Zuständigkeit für die Festsetzung der Reiseentschädigung
Während für die Fälle, in denen keine PKH/VKH bewilligt wurde, durch Nr. 1.1.1 VwV Reiseentschädigung klar bestimmt ist, dass die Berechnung und Auszahlung der Reiseentschädigung durch die Anweisungsstelle erfolgt, besteht für die Fälle, in denen PKH/VKH bewilligt wurde, keine eindeutige Regelung.
Denkbar wäre deshalb, dass auch in diesen Fällen eine Berechnung und Auszahlung durch die Anweisungsstelle erfolgen soll. Da aber die PKH-/VKH-Bewilligung die Reiseentschädigung automatisch mitumfassen soll, wird in Rspr. und Lit. die Auffassung vertreten, dass für die Festsetzung der Reiseentschädigung im Rahmen der bewilligten PKH/VKH der Urkundsbeamte zuständig ist, dem nach § 55 RVG die Festsetzung der PKH-/VKH-Vergütung obliegt.
3. Prüfung durch den Urkundsbeamten
Obwohl eine gesonderte gerichtliche Entscheidung über die Bewilligung der Reiseentschädigung nicht mehr ergeht, da diese automatisch von der PKH-/VKH-Bewilligung erfasst wird, hat der Urkundsbeamte gleichwohl noch eine Prüfung der geltend gemachten Reisekosten vorzunehmen. Dabei unterliegt die mittellose Person dem Sparsamkeitsgebot, um unnötige finanzielle Belastungen zu vermeiden. Der Urkundsbeamte hat folglich bei der Festsetzung der Reiseentschädigung zu prüfen, ob
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die durchgeführte Reise des Beteiligten und dessen Teilnahme an dem Termin notwendig war, |
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die geltend gemachten Kosten ihrer Höhe nach notwendig und angemessen waren, |
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die Reiseentschädigung rechtzeitig geltend gemacht wurde. |
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird die Gewährung der Reiseentschädigung aus der Staatskasse abzulehnen sein. Waren nur die geltend gemachten Reisekosten unangemessen hoch, liegt aber dem Grunde nach eine Notwendigkeit vor, erfolgt eine Kürzung der geltend gemachten Reisekosten auf ihre angemessene Höhe.