RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1; Nr. 3104
Leitsatz
Bei einer teilweisen Klagerücknahme im Termin der mündlichen Verhandlung entsteht die Terminsgebühr aus dem ursprünglichen Streitwert, auch wenn die teilweise Klagerücknahme vorher angekündigt wurde.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.2.2020 – 18 W 132/19
1 Aus den Gründen
1. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.
2. Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht zugunsten der Beklagten eine 1,2-Terminsgebühr aus einem Streitwert von 131.400,00 EUR festgesetzt. Das LG hat zutreffend festgestellt, dass die 1,2-Terminsgebühr, die die Beklagte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1, 1. Alt. VV und Nr. 3104 VV an ihre Prozessbevollmächtigten zu zahlen hat, aus einem Streitwert von 131.400,00 EUR zu berechnen ist und deshalb gem. § 13 Abs. 1 RVG i.V.m. der Anlage 2 zum RVG 2.007,60 EUR beträgt. Die 1,2-Terminsgebühr ist nicht – wie die Klägerin in ihrer Beschwerde meint – lediglich aus einem Gegenstandwert von 73.000,00 EUR angefallen.
Der Streitwert betrug bei Aufruf der Sache am 14.11.2018 131.400,00 EUR. Das LG hat in seinem Beschl. v. 20.3.2019 den Streitwert für den Klageantrag zu 1) auf 73.000,00 EUR, den Streitwert für den Klageantrag zu 2 auf 58.400,00 EUR und den Streitwert insgesamt auf 131.400,00 EUR festgesetzt. Der Beschluss zur Festsetzung des Streitwerts ist für die Festsetzung der Kosten bindend (vgl. dazu Herget, in: Zöller, 32. Aufl., Rn 21 zu §§ 103, 104 ZPO "Streitwert", § 32 RVG, § 63 Abs. 2 S. 1 GKG). Der Beschl. d. LG ist dahin zu verstehen, dass der Streitwert bis zur teilweisen Rücknahme der Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.11.2018 auf 131.400,00 EUR und nach dieser teilweisen Klagerücknahme auf 73.000,00 EUR bestimmt wird. Die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2) wurde ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung und nach der Erörterung des Sach- und Streitstandes zurückgenommen. Die Klägerin hatte vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung nur angekündigt, den Antrag zu 2) nicht stellen zu wollen. Die diesbezügliche Prozesshandlung – die Erklärung der Rücknahme der Klage – hat sie erst nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung vorgenommen.
Die Terminsgebühr war insoweit bereits aus dem Streitwert von 131.400,00 EUR entstanden, bevor die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat. Die gem. Vorbemerkung zu Teil 3 Abs. 3 S. 1, 1. Alt. VV für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen anfallende Terminsgebühr entsteht auch dann, wenn die Klage nach Aufruf der Sache zurückgenommen wird (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, 24. Aufl., Anhang VI, Rn 329). Wie der Senat bereits entschieden hat, entsteht die Terminsgebühr aus dem ursprünglichen Streitwert und nicht aus dem nach Klagerücknahme reduzierten Streitwert, wenn die Klage – wie hier – erst nach dem Aufruf der Sache teilweise zurückgenommen wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.7.2018 – 18 W 111/18). Für die Entstehung der Terminsgebühr hinsichtlich des ursprünglichen Streitwerts kommt es nicht darauf an, inwieweit zu dem Klageantrag zu 2 tatsächlich verhandelt wurde. Die Gebühr entsteht bspw. auch dann, wenn die Sache unmittelbar nach dem Aufruf zurückgenommen wird (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, a.a.O.).
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil sie in diesem unterlegen ist, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
4. Der Beschwerdewert bemisst sich nach dem Betrag der Kosten, hinsichtlich deren die Klägerin mit ihrem Rechtmittel eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses begehrt hat, § 47 Abs. 1 S. 1 GKG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
2 Anmerkung
Die Terminsgebühr entsteht mit Aufruf der Sache. Wird die Klage erst im Termin ganz oder teilweise zurückgenommen, hat dies weder auf das Entstehen der Terminsgebühr noch auf deren Gegenstandswert Einfluss.
Allerdings hat das OLG Frankfurt wieder einmal verkannt, dass es über die Frage des Gegenstandswertes der Terminsgebühr hier nicht entscheiden durfte. Wird im Kostenfestsetzungsverfahren der Gegenstandswert einer Gebühr bestritten, ist das Verfahren zwingend nach § 148 ZPO auszusetzen und über die richtige Wertfestsetzung im betreffenden Wertfestsetzungsverfahren entweder nach § 63 GKG (in Familiensachen § 55 FamGKG) oder – wie hier – nach § 33 RVG zu entscheiden. Die Aussetzung ist ggfs. auch im Beschwerdeverfahren noch vorzunehmen. Auch das im Kostenfestsetzungsverfahren tätige Beschwerdegericht darf die ausstehende Wertfestsetzung nicht an sich ziehen.
Es handelt sich insoweit auch nicht um eine unnötige Förmelei. Die Zu...