VwGO § 172; RVG §§ 23 Abs. 2, 25 Abs. 2, 33
Leitsatz
Im Verfahren über die Beschwerde gegen eine Zwangsgeldandrohung bemisst sich der Gegenstandswert nach der Höhe des Zwangsgelds.
Sächsisches OVG, Beschl. v. 14.8.2020 – 1 E 135/18
1 Aus den Gründen
Auf den Antrag (§ 33 Abs. 1 RVG) der Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsgläubigerin ist der Gegenstandswert für das durch Senatsbeschluss abgeschlossene Beschwerdeverfahren der Vollstreckungsschuldnerin gegen die auf § 172 S. 1 VwGO gestützte Zwangsgeldandrohung des VG zur Zwangsvollstreckung aus seinem rechtskräftigen Verpflichtungsurteil festzusetzen.
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 23 Abs. 3 RVG, weil im Beschwerdeverfahren kein Streitwert festzusetzen, sondern eine wertunabhängige Festgebühr nach Nr. 5502 GKG-KostVerz. zu erheben war. Dementsprechend ist der Gegenstandswert für die Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin "nach billigem Ermessen" zu bestimmen. Dies folgt unabhängig von der Frage, ob § 25 Abs. 2 RVG auf Schuldnerbeschwerden Anwendung findet (verneinend etwa BayVGH, Beschl. v. 4.10.2012 – 6 C 10.1072, juris Rn 5 f.) jedenfalls aus der Auffangregelung des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, weil sich der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens nicht aus Vorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) ergibt.
Nach den Umständen des Falles entspricht es billigem Ermessen, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 1.000,00 EUR festzusetzen, nicht – wie von den Prozessbevollmächtigen der Vollstreckungsschuldnerin unter Hinweis auf deren Erzwingungsinteresse beantragt – auf 5.000,00 EUR. Bei Anwendung der allgemeinen Vorschriften zur Wertbestimmung in verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§§ 39 ff. GKG) im Rahmen des billigen Ermessens richtet sich der Streitwert im Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG), hier also der Vollstreckungsschuldnerin, die sich mit ihrer Beschwerde gegen die Zwangsgeldandrohung des VG i.H.v. 1.000,00 EUR gewendet hat. Dieser Betrag bildet im Verfahren der Schuldnerbeschwerde den Ausgangspunkt der Wertbestimmung (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 8.9.1992 – 11 B 3495/92, NVwZ 1993, 383, 385; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 172 VwGO Rn 61 m.w.N.; ebenso für Verfahren nach § 890 ZPO vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.1.1977 – 2 W 85/76, Rn 6; Becker, in: Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Aufl., Anhang § 3 ZPO Rn 145 m.w.N. auch zur Gegenmeinung). Auf das Erzwingungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers, das in vielen Fällen dem Streitwert des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens entsprechen wird (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.7.2000 – 13 S 352/00, NVwZ-RR 2001, 72; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2015 – 14 W 85/15, Rn 5), kommt es für die Wertbestimmung im Verfahren der Schuldnerbeschwerde hingegen nicht an.
Nach den Umständen des Falles hält es der Senat für angemessen, den Gegenstandswert in Höhe des angedrohten Zwangsgelds festzusetzen (für eine nur anteilige Höhe dagegen Pietzner/Möller, a.a.O., m.w.N. § 172 VwGO Rn 61 Fn 192).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG)
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
AGS 11/2020, S. 517