Nr. 4142 VV RVG; § 421 StPO; § 29 Abs. 1 Ziff. 1 BtMG

Leitsatz

Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV entsteht bereits bei Tätigkeiten des Rechtsanwalts, wenn eine Einziehung möglicherweise droht, was bei einer Ankündigung der Einziehung in der Anklageschrift gegeben ist.

AG Stralsund, Beschl. v. 3.9.2021 – 34 Ls 5/21

I. Sachverhalt

Der Rechtsanwalt war in einem Verfahren mit dem Vorwurf eines besonders schweren Falls von § 29 Abs. 1 Ziff. 1 BtMG (Anbau, Herstellung, Handeitreiben, Schmuggel, Erwerb von BtM) tätig. In der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, einen Betrag von 1.060,00 EUR einziehen zu wollen. In der Hauptverhandlung ist gem. § 421 StPO von einer Einziehungsentscheidung abgesehen worden. Der Rechtsanwalt hat die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 1.060,00 EUR beantragt. Das AG hat dem Antrag entsprochen.

II. Einziehung "drohte"

Nach Auffassung des AG war der Gegenstandswert auf 1.060,00 EUR festzusetzen. In der Anklageschrift vom 30.3.2021 habe die Staatsanwaltschaft angekündigt, die Einziehung von Wertersatz i.H.v. 1.060,00 EUR zu beantragen. Zwar sei dann in der Hauptverhandlung durch Beschl. v. 5.7.2021 von einer Einziehungsentscheidung nach § 421 StPO abgesehen worden, einer Wertfestsetzung bedürfe es jedoch gleichwohl, da die Verteidigergebühr nach Nr. 4142 VV bereits bei Tätigkeiten des Anwalts entstehe, wenn eine Einziehung möglicherweise drohe, was angesichts der Ankündigung in der Anklageschrift gegeben sei. Die Höhe des Gegenstandswertes richte sich nach dem in der Anklageschrift angekündigtem Antrag.

III. Bedeutung für die Praxis

1. Klein aber fein und durchaus einen Hinweis wert. Denn die Entscheidung ruft noch einmal ins Gedächtnis, dass es für das Entstehen der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV für im Hinblick auf Einziehung und verwandte Maßnahmen vom Verteidiger erbrachte Tätigkeiten reicht, wenn die Einziehung droht (vgl. wegen der Einzelh. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 18 ff.) und nach Aktenlage eine Beratung des Mandanten geboten ist (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 Rn 23 m.w.N.; OLG Dresden RVGreport 2020, 227). Das ist immer der Fall, wenn in der Anklage ein Einziehungsantrag angekündigt wird (u.a. OLG Oldenburg AGS 2010, 128 = RVGreport 2010, 303 = StRR 2021, 356), was hier der Fall ist. Das weitere "Schicksal" der Einziehung ist dann ohne Bedeutung (a.A. wohl KG RVGreport 2020, 20; s. die w.N. bei Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O.).

2. Unabhängig von Vorstehendem war hier die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV aber auch deshalb entstanden, weil in der Hauptverhandlung ein Beschluss nach § 421 StPO ergangen ist. Damit hatte der Verteidiger spätestens zu dem Zeitpunkt eine Tätigkeit im Hinblick auf die Einziehung erbracht.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 11/2021, S. 506

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