§§ 114 Abs. 1, 117 Abs. 4, 121 Abs. 3 ZPO
Leitsatz
- Grundsätzlich genügt auch die elektronische Einreichung eines PKH-Antrages i.V.m. der fotokopierten oder eingescannten Unterschrift.
- Zur Prüfung bleiben die Gerichte dennoch ermächtigt, auch das Original der Erklärung zu fordern.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 18.6.2021 – 5 Ta 15/21
I. Sachverhalt
In einem Rechtsreit erfolgte durch den Kläger die Übersendung des Antrags auf Prozesskostenhilfe (PKH) nebst der notwendigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und Belegen per beA. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat dabei die Ansicht, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – trotz gegenlautender Aufforderung des Gerichts – dabei nicht im Original vorgelegt werden müsse, sondern die Übermittlung in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift genüge, insbesondere wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stamme und dieser zu seinen Angaben stehe.
Das zuständige Gericht wies daraufhin den Antrag auf Bewilligung von PKH zurück. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einer ordnungsgemäß unterzeichneten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehle. Zwar könne eine solche Erklärung auch als elektronisches Dokument eingereicht werden, sei dann aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Antragstellers zu versehen.
Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers fristgerecht sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führte er an, das Arbeitsgericht habe die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr und die damit verfolgten Ziele nicht berücksichtigt. Seit Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs entspreche die Übersendung von PKH-Unterlagen auf diesem Weg bundesweit der gängigen Praxis und erfolge in der Praxis auch beanstandungslos.
Das Gericht half daraufhin der Beschwerde nicht ab und legte diese zur Entscheidung vor. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass angesichts der umfangreichen Belehrung des Antragstellers über seine Pflichten in dem zu verwendenden PKH-Formular auf die Unterschrift der Partei nicht verzichtet werden könne. Ohne eine Unterschrift sei eine ordnungsgemäße Belehrung nicht sicherzustellen. Der Antragsteller übernehme nur bei Unterzeichnung des Formulars im Original oder mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur die volle Verantwortung für seine Erklärung. Das Gericht könne nicht sicher feststellen, ob die auf dem elektronischen Dokument befindliche Unterschrift vom Kläger stamme oder nicht.
Der Kläger V. sah dies nachhaltig anders, insbesondere im Hinblick auf die sich aus den sonstigen Unterlagen ergebenden Unterschriften des Klägers selbst, die eine Authentifizierung ermöglichten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Arbeitsgericht ins Blaue hinein unterstelle, dass die Richtigkeit der gemachten Angaben mit der Unterschrift nicht gewährleistet sei. Das angerufene LAG wies das Rechtsmittel als unbegründet zurück.
II. Formularzwang
Das LAG wies zunächst auf den bestehenden Formularzwang hin. Sofern ein solcher besteht – wie bei der PKH –, sei das Formular auch zwingend zu verwenden und durch den Kläger oder seinen gesetzlichen Vertreter auch zu unterschreiben.
III. Streit um Originalunterschrift
Das LAG betonte den bestehenden Meinungsstreit in der Rspr. und Lit. Dieser bestehe in der Frage, ob das PKH-Formular (und natürlich die evidenten, persönlichen Erklärungen) im Original unterschrieben sein muss (so BFH, Beschl. v. 24.4.2001 – X B 56/00, juris Rn 10 = BFH/NV 2001, 1412; BFH, Beschl. v. 25.5.1999 – VII S 13/99, juris Rn 1= BFH/NV 2000, 51; vgl. auch VerfG Brandenburg, Beschl. v. 18.1.2019 – 3/18, juris Rn 12), oder ob auch eine anderweitige Übermittlung – bspw. auf elektronischem Wege – ausreiche, wenn eine eindeutige Authentifizierung der Partei und ihres Willens/Erklärung möglich ist (so LAG Sachsen, Beschl. v. 25.10.2018 – 4 Ta 52/18 (8), juris Rn 17 = NZA-RR 2019, 278; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.5.2017 – 6 Ta 67/17, juris Rn 14; OLG Dresden, Beschl. v. 4.4.2018 – 4 W 325/18, juris Rn 6 = MDR 2018, 829; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.12.1995 – 2 WF 145/95, juris Rn 9 = FamRZ 1996, 805; Zöller/Schulzky, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 117 Rn 23; MüKo-ZPO/Wache, 6. Aufl., 2020, § 117 Rn 19). Das LAG selbst beantwortete diese Frage indes nicht, sondern sah im entschiedenen Falle gleichwohl das Recht, grds. auch das Original zu verlangen.
IV. Vorlage des Originals gerechtfertigt
Das LAG entschied, dass unabhängig der bestehenden Streitfrage (s. III.) die Gerichte immer auch im Rahmen eines pflichtgemäßen Ermessens auf eine weitere Glaubhaftmachung abstellen können. Unter dieses Recht falle nicht nur die Abgabe einer Versicherung an Eides statt, sondern auch die das Verlangen, Originale der übersandten Erklärungen und Anträge anzufordern. Entsprechende Auflagen an die Glaubhaftmachung sollten zwar verhältnismäßig sein. Wenn die Auflagen indes begründet (z.B. fehlende Angaben über Einnahmen oder Vortrag über fehlendes Einkommen) oder aber auch einfach ohne n...